LandtagswahlBrandenburg - Wirtschaft wächst, warum nicht dableiben?

In Brandenburg wird gewählt. Wirtschaftlich geht es dort bergauf – trotz des Braunkohleausstiegs. Laura ist zurückgezogen in ihre Heimat und findet: "In der Lausitz hat man viele Chancen - hier gibt es Platz für gute Ideen."

Das Bruttoinlandsprodukt des Landes Brandenburg ist 2023 um 2,1 Prozent gestiegen. Damit belegt Brandenburg Platz zwei unter den deutschen Bundesländern. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist die Wirtschaft noch stärker gewachsen. Allerdings hat Brandenburg auch die viertälteste Bevölkerung in Deutschland. Nur wenige Menschen unter 30 leben hier. Vor der Landtagswahl am Sonntag, den 22.09.2024, sehen die Umfragen AfD und SPD, die Partei von Ministerpräsident Woidke, praktisch gleich auf.

"Auch hier in Brandenburg haben viele Betriebe dichtgemacht. Die Leute haben ihre Jobs verloren, sind in die alten Bundesländer Richtung Westdeutschland gegangen."
Robert Schwaß, Dlf-Korrespondent für Brandenburg

Einer der Gründe für die aktuelle Altersstruktur sind die ökonomischen Folgen der Wende. Große Industriebetriebe haben in Brandenburg nach dem Ende der DDR geschlossen, erklärt Robert Schwaß. Er ist Dlf-Korrespondent für das Bundesland.

Folgen der Wende-Abwanderung

Robert Schwaß erinnert daran, dass viele Menschen in den Westen Deutschlands umgezogen und ihre Kinder sind dann häufig auch dort geblieben sind.

"Diese Leute, die damals weggegangen sind, haben ihre Familien woanders gegründet. Und das sind jetzt auch zum Teil eben Leute unter 30, die vielerorts fehlen."
Robert Schwaß, Dlf-Korrespondent für Brandenburg, über die Altersstruktur in Brandenburg

Robert Schwaß zieht eine gemischte Bilanz, was Industriearbeitsplätze in Brandenburg angeht: Zwar sind mit dem Tesla-Werk in der Nähe von Berlin auch rund 12.000 Stellen entstanden, mit dem Ende des brandenburgischen Braunkohlereviers 2038 werden aber circa 24.000 Jobs verschwinden. Dafür entstehen im Zusammenhang mit einem neuen ICE-Werk voraussichtlich rund 5000 neue Industriejobs.

"Die Region wird eigentlich attraktiver, aber bis zum Kohleausstieg geht man davon aus, dass dann trotzdem Zehntausende Fachkräfte fehlen werden."
Robert Schwaß, Dlf-Korrespondent für Brandenburg

Er weist außerdem darauf hin, dass deutlich mehr junge Frauen im Alter unter 30 Brandenburg verlassen. Ein Grund sei, dass Frauen statistisch gesehen mehr in Dienstleistungsberufen arbeiten und in Region ziehen in denen die Löhne besser sind. Ein Extrembeispiel sei die Region Prignitz. "Da kommen auf 1000 junge Frauen fast 1300 junge Männer", sagt Robert Schwaß.

Strukturwandel als Chance

Laura Staudacher ist Mitte 20. Sie kommt aus Cottbus in der Lausitz und lebt nach ihrem Studium im benachbarten Forst. Sie ist Vorsitzende und Mitgründerin des Vereins Junge Lausitz – ehrenamtlich. Laura Staudacher arbeitet als stellvertretende Pressesprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Sie findet, dass über die Region mehr positive Geschichten erzählt werden müssen.

Braunkohleausstieg, rechte Strukturen und der FC Energie Cottbus allein reichten nicht aus. Das Ende des brandenburgischen Braunkohlereviers versteht sie als Strukturwandel und damit auch als Chance für die Region. "Ich denke der Strukturwandel ist ganz gut angelaufen", sagt sie.

"Die Lausitz ist gerade im Umbruch von einer Braunkohleregion zu einer Region für erneuerbare Energien. Wer praktischen Klimaschutz gestalten will, muss eigentlich in die Lausitz kommen."
Laura Staudacher, Vorsitzende und Mitgründerin des Vereins Junge Lausitz

Sie möchte die Region mit weltoffenem Lokalpatriotismus attraktiver machen, auch für Fachkräfte. "Da hilft es natürlich nicht, wenn allein das rechte Image anhaftet." Sie nennt konkret das Bahnwerk in Cottbus und die Medizinerausbildung an der Universität Cottbus von 2026 an. Die AfD sei an einer Lösung aktueller Probleme nicht unbedingt interessiert. Die Angst vor dem Strukturwandel reiche ihr wohl aus.

"Ich glaube, dass die AfD mit der Angst und den Sorgen der Menschen vor dem Strukturwandel Politik macht."
Laura Staudacher, Vorsitzende und Mitgründerin des Vereins Junge Lausitz

Unser Bild zeigt Forschende der BTU Cottbus an einer Wickelanlage für Carbonfasern. Die Leichtbauforschung auf dem Gebiet der Faser-Kunststoff-Verbunde ist ein Schwerpunkt der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus Senftenberg.