Blaise Francis El MourabitAnwalt bietet kostenlose Hilfe bei Rassismus-Fällen
Der Anwalt Blaise Francis El Mourabit hat auf Instagram angeboten, Fälle von Rassismus pro bono zu vertreten. Innerhalb von drei Wochen gingen 600 Fälle ein. Im Interview berichtet er von einem besonders krassen Fall und erzählt von seinen persönlichen Erfahrungen mit Racial Profiling und wie Polizisten reagieren, wenn er seinen Anwaltsausweis zeigt.
Der Düsseldorfer Anwalt Blaise Francis El Mourabit weiß wie es ist, wegen seiner Hautfarbe von der Polizei kontrolliert zu werden. Schon etliche Male habe er deshalb am Hauptbahnhof seine Bahn verpasst, erzählt er. Dabei mache es einen Unterschied, ob er in seinen Berufsklamotten, also im Anzug, unterwegs ist, oder ob er Jeans, Sneaker und Hoodie trägt.
Allein das ist schon Racial Profiling, also eine Polizeikontrolle, die wegen äußerlicher Merkmale einer Person vorgenommen wird. Blaise Francis El Mourabit erzählt davon sehr gelassen – vielleicht auch, weil sich die Situation für ihn in der Regel schnell auflöst; spätestens, nachdem er seinen Anwaltsausweis gezückt hat. Danach würden die Beamten und Beamtinnen meist sehr überzogen freundlich reagieren, sagt er.
"Das Schlimme ist, dass man zuerst meist geduzt wird. Dann heißt es etwa: 'Los, rück die Drogen lieber sofort raus!'"
Der Anwalt hat seit drei Wochen unglaublich viel zu tun. Tagsüber geht er seinem normalen Kanzlei-Job nach, nachts wälzt er sich dann zusätzlich durch hunderte Fälle. Bei allen geht es um Erfahrungen mit rassistischer Gewalt oder Racial Profiling. Der Grund: Vor drei Wochen postete Blaise Francis El Mourabit bei Instagram, dass er Menschen in solchen Fällen pro bono hilft – übersetzt: zum Wohle der Öffentlichkeit – also kostenlos.
Der Fall einer Mandantin hat ihn sehr erschüttert. Er erzählt, was sie berichtet hat:
- Sie wurde von der Polizei grundlos kontrolliert.
- Sie bat darum, die Kontrolle mit dem Handy filmen zu dürfen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht hat.
- Ihr wurde unterstellt, Drogen dabei zu haben.
- Sie wurde auf eine 1,5 Meter hohe Mauer geschubst.
- Sie wurde an den Haaren gezogen.
- Sie wurde auf den Boden geworfen, ein Polizist kniete auf ihrem Brustkorb.
- Sie konnte nicht atmen.
- Ihr wurde das Handy weggenommen.
- Sie musste die Nacht auf der Polizeiwache verbringen.
- Sie bat darum, dass das Licht eingeschaltet bleibt. Die Beamtin machte es lachend aus und ging.
- Die Beamtin kam mehrmals und machte das Licht an und wieder aus. Dabei lachte sie wieder.
- Sie hatte ihre Periode, bat darum, Utensilien zu bekommen, und bekam keine.
- Sie bekam bis zwölf Uhr am Mittag nichts zu essen und zu trinken.
Politiker verschließen die Augen vor dem Rassismus-Problem
Angesichts von Fällen wie diesen, durch die sich Blaise Francis El Mourabit gerade durcharbeitet, kann er die Haltung von Bundesinnenminister Horst Seehofer zur Frage nach Racial Profiling nicht verstehen. Dieser hat jüngst in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärt, dass er nie vorgehabt habe, eine Studie zu Racial Profiling bei der Polizei in Auftrag zu geben. Derzeit solle in seinem Ministerium geklärt werden, wie es zu dieser Ankündigung gekommen sei.
Von Seehofer sei er sehr enttäuscht, sagt Blaise Francis El Mourabit.
"Als ich davon gelesen habe, sind mir vor Wut und Frust die Tränen in die Augen geschossen."
Der Anwalt, der selbst zu den Blacklivesmatter-Demonstrationen gegangen ist, empfindet Seehofers Äußerungen als von oben herab. "Ich schlag mir neben meinem Beruf die Nächte um die Ohren, um Menschen, die von Racial Profiling betroffen sind, zu helfen. Und Seehofer sagt dann, dass es so etwas gar nicht gibt. Das frustriert dann schon enorm."
Für Blaise Francis El Mourabit zeigt das aber genau das Problem auf, womit BIPoC (Black and Indigenous People of Color) in Deutschland zu kämpfen haben, nämlich damit, "dass Politiker die Augen davor verschließen, dass es Rassismus gibt – auch in der Polizei", so der Anwalt.