Bis aufs BlutWenn Geschwister konkurrieren
Sabine hat sieben Geschwister, Stefanie eine deutlich ältere Schwester. Sie erzählen, was das für sie bedeutet. Warum auch Rivalität zwischen Geschwistern normal ist, erklärt die Psychologin Denise Ginzburg.
Sabine ist mit sieben Geschwistern aufgewachsen. Sie ist die Zweitjüngste und findet, dass die "Kleinen" in der Familie eher mitgelaufen sind und bei ihnen beispielsweise auf Bildung nicht so genau geachtet wurde.
"Ich bin die letzten paar Jahre eher durch mein Leben geschwommen. Da war für mich ein Konkurrenzdenken. Auch wenn meine Eltern oder Geschwister das nie so beabsichtigt haben."
Bei Neidgefühlen helfen offene Gespräche mit den eigenen Geschwistern, sagt Sabine. Diese Gespräche hat sie aktiv gesucht. Denn durch Kommunikation lassen sich die negativen Gefühle ablegen, ist Sabine überzeugt.
Stefanie hingegen hat nur eine Schwester, die neun Jahre älter ist. Über die erste Reaktion ihrer Schwester auf das neue Geschwisterkind sagt Stefanie: "Ich glaube, sie hat sich über ein Geschwisterchen gefreut." Der Vergleichsdruck seitens der Eltern sei eher subtil gewesen. Kinder zu vergleichen, gehe aber gar nicht, findet Stefanie, die heute als Sozialarbeiterin arbeitet.
Die beiden Schwestern leben schon seit langem nicht mehr zusammen: "Als ich zehn war, ist sie bereits ausgezogen." Heute ist Stefanie 35 und ihre Schwester Anfang 40. Sie sehen sich etwa dreimal im Jahr, obwohl sie nur rund 120 Kilometer voneinander entfernt wohnen. Die beiden sprechen nicht so viel über Gefühle und ihre Vergangenheit, findet Stefanie.
"Die Akzeptanz ist da, dass wir unterschiedlich sind und unterschiedlich bleiben werden. Ich glaube, manchmal können wir davon profitieren, dass wir unterschiedlich sind."
Es gibt Phasen in ihrem Leben, da waren sie wie beste Freundinnen. Stefanie sagt: "Je älter ich wurde, desto öfter haben wir etwas gemeinsam unternommen." Heute sei ihr Verhältnis zueinander wirklich entspannt und gut.
Die Eifersucht ist verschwunden
Charakterlich sind sie recht unterschiedlich. Stefanie bezeichnet sich als eher aufgeweckt und spontan, ihre Schwester als zielstrebig und reflektiert. Heute gibt es keinen Grund mehr, eifersüchtig zu sein, sagt Stefanie und: "Sie wusste schnell, was sie möchte und ich halt nicht." Ihre Schwester hat Kindergarten und Grundschule noch in der DDR erlebt.
"Retrospektiv würde ich sagen, dass die gemeinsamen Erlebnisse, die man in der Kindheit macht, ein bisschen fehlen."
In der Jugend war sie die Schnellere, sagt Denise Ginzburg über das Verhältnis zu ihrem jüngeren Bruder. Sie ist Psychologin und Schematherapeutin und arbeitet in Offenbach am Main. Ein neues Geschwisterkind ist für alle Familienmitglieder immer eine Bewältigungsaufgabe, sagt Denise Ginzburg. Nur Einzelkinder blieben in der Familie "King of the Court".
Geschwisterkinder als Aufgabe
Für ältere Geschwister fange es an, ruckelig zu werden. Insgesamt betrachtet Denise Ginzburg das Leben mit Geschwistern aber als Bereicherung: "Geschwister zu haben, trainiert uns für das Erwachsenenleben." Seitens der Eltern brauchen aber alle Kinder ausreichend Rückversicherung, anderenfalls könne ein Wettbewerb um Ressourcen innerhalb der Familie beginnen, der sich zu einer Teufelsspirale auswachsen könne.
"Geschwisterrivalität ist normal. Sobald jemand ins Nest reinkommt, bin ich nicht mehr alleiniger Empfänger von Zuwendung, Liebe."