KlimawandelMeerestiere bedroht durch veränderte Meeresströmung und Ozeanversauerung
Dürre in Deutschland, Waldbrände in Australien und Wirbelstürme in den USA – einige Auswirkungen der Klimakrise sind offensichtlich. Im Meer verläuft die Klimakrise eher schleichend und im Verborgenen. Von ihrer Wirkung auf die Meerestiere berichtet die Biologin Anne Sell.
Bei Klimakrise denken wir sofort an Erderwärmung. Dabei bilden Treibhausgase eine Art Glocke um die Troposphäre, so dass die Wärmeabstrahlung der Erde behindert wird. Der Temperaturanstieg auf der Erde lässt das Eis an den Polen schmelzen und durch das Schmelzwasser steigt der Meeresspiegel. Meeresströme verändern sich und damit auch die Bewegungen der Fischschwärme, erklärt Anne Sell.
Biosystem im Wandel
Sie arbeitet am Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven. Wenn die Schwärme andere Routen nehmen, verändert sich die zeitliche Überschneidung zwischen Räuber und Beute und einige Fischarten bekommen weniger zu fressen, sagt die Biologin.
"Einige Arten wie der Kabeljau werden sogar leicht vom Klimawandel profitieren, andere Arten wie der Polardorsch werden ganz massiv verlieren."
Der Klimawandel sorgt aber nicht nur dafür, dass im Meer die Temperaturen ansteigen, es kommt auch zu einer Ozeanversauerung. Durch mehr Kohlenstoffdioxid in der Luft löst sich Kohlenmonoxid im Meerwasser. Dabei bildet sich Kohlensäure, die insbesondere für Tiere mit kalkhaltiger Schale besonders schädlich ist, weil sie diese auflöst. Auch Korallen leiden darunter. Ihre Skelette sind kalkhaltig.
Auswirkungen auf die Fischerei
Bisher dachte man, die Versauerung habe keine Auswirkungen auf Fische, sagt Anne Sell. Aber Experimente von Forschenden aus Bremen und Bremerhaven hätten gezeigt: Je saurer das Wasser, desto weniger Kabeljaularven überleben.
"Welche Entwicklung die Ökosysteme von jetzt an nehmen und wie fundamental die Auswirkungen sind, das beeinflussen wir bereits heute mit unseren politischen und persönlichen Entscheidungen."
"Schon jetzt breiten sich südliche Fischarten in der Nordsee aus," sagt die Biologin. "Arten, die normalerweise verstärkt an den Küsten Spaniens und Frankreichs vorkommen, wie Sardinen oder Sardellen, haben sich nun auch in der Nordsee etabliert." In ihrem Vortrag beschreibt Anne Sell, die Auswirkungen der Klimakrise auf die Welternährung.
In der Arktis werde in Zukunft mehr Fischfang möglich sein. Fischfangoptionen um den Äquator herum würden sich hingegen verringern, erklärt die Biologin. Und das sind genau die Zonen der Welt, in denen die meisten Menschen auf Fisch als Ressource angewiesen sind.
"Fischfangoptionen um den Äquator herum werden sich verringern. Und das sind genau die Zonen der Welt, in denen die meisten Menschen auf fischereiliche Ressourcen angewiesen sind."
Anne Sell ist Biologin am Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven. Ihr Vortrag heißt: "Klimawandel im Meer: Neue Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten für Fische und Fischereien". Gehalten hat sie diesen am 13. Januar 2021 im Rahmen der Vortrags-Reihe "Unser blauer Planet – Fragile Meereswelten und ihre Erforschung" der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Kooperation mit Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung.