Holocaust-GedenkenBildungsarbeit in Auschwitz mit Fußballfans aus Dortmund
Der Historiker Andreas Kahrs organisiert Studienreisen nach Auschwitz – mit Fußballfans. Voraussetzung: ehrliches Interesse und eine Woche Zeit.
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Mehr als eine Million Menschen wurden dort umgebracht – zum größten Teil waren die Opfer jüdischen Glaubens. Staatsgäste aus rund 50 Ländern haben in Jerusalem der Befreiung vor rund 75 Jahren gedacht. Gemeinsam riefen sie beim fünften Welt-Holocaust-Forum am 23. Januar 2020 zu weltweiten Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus auf.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor Ort in Jerusalem gesagt, er sei beladen mit großer historischer Schuld. Deutschland werde sich selbst nur dann gerecht, wenn es seiner historischen Verantwortung gerecht werde. Er sprach als erstes deutsches Staatsoberhaupt in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.
Einwöchige Reise nach Ausschwitz
Andreas Kahrs ist freiberuflicher Historiker. Er organisiert für die Deutsche Fußball Liga, den Verein Borussia Dortmund und weitere Vereine Fahrten zu dem ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz. Es liegt in der Nähe der Stadt Oświęcim im Süden Polens. Die Studienfahrten, die Andreas Kahrs plant, dauern eine Woche.
"Wir versuchen, mit den Gruppen einen Bogen zu schlagen – in dem Fall jetzt von Dortmund nach Polen, nach Oświęcim, in die Gedenkstätte Auschwitz."
Dabei folgen die Reisegruppen eigentlich immer einer sehr konkreten Dortmunder Geschichte, in dem Fall einer Deportation aus Dortmund ins Lager Auschwitz, berichtet Andreas Kahrs. Innerhalb der Gruppe sei das Gemeinschaftsgefühl stark ausgeprägt und das wirke sich auf den Bildungseffekt des gemeinsamen Besuchs der Gedenkstätte aus.
"Weil eben die Gemeinschaft in dieser Gruppe so stark ist, funktioniert das aus Bildungssicht wunderbar."
An der Biographie des in Dortmund gut bekannten Hans Frankenthal und an seiner Geschichte werden dann verschiedene Aspekte des Lagers abgearbeitet. Hans Frankenthal überlebte das Lager. Allein für die Orientierung in dem riesigen Lagerkomplex brauchen die Teilnehmenden Zeit. Das Lager hatte zum Schluss mehr als 40 Nebenlager.
Interesse ist Voraussetzung
Bei der Bildungsarbeit mit Fußballfans kommen die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen zusammen, sagt Andreas Kahrs. Auch das Vorwissen der Reisenden sei ziemlich divers. Ihre Gemeinsamkeit ist zunächst nur, dass sie Fans des gleichen Vereins sind. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein ehrliches Interesse an der Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen. Denn wer offen mit der rechten Szene sympathisiert, fährt nicht mit. Auschwitz ist für Andreas Kahrs der falsche Ort, um Bildungsarbeit mit extremen Rechten zu machen.
"Bildungsarbeit mit rechtsextremen Personen vor Ort in Auschwitz ist für mich ein absolutes No-Go."
Interessierte Fans gibt es genug. Seit 2011 sind mehr als 800 von ihnen zu der Gedenkstätte gereist.