Betreuung jugendlicher FlüchtlingeEin Vormund, bis zu 100 Mündel
Der junge Flüchtling, der bei Würzburg fünf Menschen mit einer Axt angegriffen hat, galt als unauffällig und offenbar gut integriert. Das wirft Fragen auf: Wie werden unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge in Deutschland betreut? Und wie ist die Betreuung geregelt?
Der jugendliche Täter aus Afghanistan war einer von mehr als 15.000 unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen, die derzeit in Bayern leben. "Wenn sie hier ankommen, ist die Jugendhilfe für sie zuständig", sagt Johanna Karpenstein vom Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge. "Im weiteren Verlauf bekommen sie einen Vormund."
Dies kann ein zugeteilter Amtsvormund des Jugendamts sein oder ein qualifizierter Ehrenamtlicher. Im Extremfall betreut ein Amtsvormund bis zu 100 Jugendliche.
"Da kann man natürlich dann nicht mehr davon sprechen, dass jeder Jugendliche gekannt wird."
Etwas anders ist das bei ehrenamtlichen Vormündern, die in aller Regel sehr engagiert sind, sagt Johanna Karpenstein. Doch auch unter ihnen haben manche im Einzelfall bis zu 50 Mündel. Da fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Psychosoziale Aspekte und die asyl- und aufenthaltsrechtliche Betreuung ist da oft unzureichend.
"Es gibt ganz hervorragende Beispiele und ganz engagierte Leute. Aber natürlich gibt es auch krasse Überforderungssituationen. Gerade in letzter Zeit."
Im Idealfall werden bei einer Betreuung erstmal grundsätzliche Dinge geklärt:
- Wie geht es dem Jugendlichen gesundheitlich?
- Ist er traumatisiert und braucht er möglicherweise Behandlung?
- Welche schulische Ausbildung hat er?
- Wie sind seine aufenthaltsrechtlichen Perspektiven?
Der Vormund kann dann entsprechende Hilfen zur Erziehung beantragen und sich um eine passende Unterbringung kümmern. Nur hat sich gerade im vergangenen Dreivierteljahr unglaublich viel geändert, sagt Johanna Karpenstein: "Die Verantwortung wurde auf alle Jugendämter in der Bundesrepublik verlagert, da beobachten wir mitunter Überforderungssituationen."
Die Qualität der Betreung ist sehr unterschiedlich
Je nach Unterbringung - kleine Wohngruppen, Hostels oder Großraumeinrichtungen mit bis zu 50 Bewohnern - steigt oder fällt die Qualität der Betreuung. Dazu kommt, dass es in diesem Bereich sehr viel neue Fachkräfte gibt. Hierzu gehören auch die Pflegefamilien. Um die Situation zu verbessern, wünscht sich Johanna Karpenstein vor allem mehr Zeit für Betreuung und die Ausbildung der Helfer.