Mit dem Tod arbeitenBestatterin: Es geht um Kontakt zwischen Toten und Lebenden
Als Bestatterin arbeitet sie für Trauernde und mit Toten. Sprechen und Berührungen sind Sarah Benz dabei besonders wichtig – und fünf Fragen für die Lebenden.
Gestorben wird immer – und leider während der Pandemie mehr als sonst. Sarah Benz sagt, sie versucht immer Nähe zwischen Menschen zu schaffen, die oft nicht beieinander sind. Sie ist Notfallseelsorgerin, Trauerbegleiterin und Bestatterin in Berlin.
Zwei Reaktionen überwiegen, wenn sie über ihre Arbeit spricht, erzählt sie: "Öh, du fasst wirklich tote Leute an? Oder: Es kommt ein sehr großes Interesse und die Menschen erzählen Geschichten über ihre eigenen Todesfälle."
Für sie ist entscheidend, wie die Lebenden über den Tod reden, besonders über den eigenen. Die Bestatterin nennt folgende zentrale Fragen:
- Was ist dir wichtig, wenn du stirbst?
- Möchtest du, dass deine Familie sich von dir zu Hause verabschieden kann?
- Möchte deine Frau, dein Mann, möchten deine Kinder dich noch zu Hause behalten?
- Möchtest du verbrannt werden oder erdbestattet?
- Sollen alle Leute noch mal kommen?
Das eine klärende Gesprächs vor dem Tod über die Gestaltung der Trauerfeier und Details der Bestattung findet sie dafür nicht zwingend. Sie bespricht diese Fragen gerne zwischendurch mit ihrem Kollegen, manchmal nur in einem Nebensatz. Sie glaubt: "Wir könnten mittlerweile gegenseitig einander die Beerdigung ganz gut gestalten."
Anrecht auf Kontakt zu den Toten
Oft machen sich Menschen keine Gedanken zum Tod, schieben das Thema weg, sagt die Bestatterin. Für die Überlebenden sei das dann ein Problem: "Dann passiert es plötzlich. Und dann sind Zugehörige sehr hilflos, weil sie nicht wissen, was wollte eigentlich der Sterbende, was ist eigentlich möglich?"
Für Sarah Benz haben die Zugehörigen ein Anrecht auf direkten Kontakt zu den Toten. Ein Bestattender dürfe da nicht im Weg stehen.
"Kein bestattender Mensch darf jemandem verbieten, seinen Toten zu sehen. Das geht einfach nicht."
Ihrer Erfahrung nach möchten viele Menschen ihre Verstorbenen selber waschen, anziehen und in den Sarg legen. Die Lebenden wollten häufig mit allen Sinnen spüren, dass ein wichtiger Mensch gestorben ist. Sarah Benz sagt: "Wir machen das sehr oft mit den Zugehörigen – entweder zusammen oder die kommen, wenn wir fertig sind und verbringen nochmal Zeit mit ihren Verstorbenen."
Abschied via Facetime
Während der Pandemie ist es schwieriger, diese Nähe herzustellen und zu ermöglichen, sagt sie. Zu Beginn des Lockdowns hat Sarah Benz einen jungen Mann beerdigen müssen, dessen Eltern nicht einreisen konnten. Sie konnten nur mit dem Handy dabei sein und über Facetime Abschied nehmen. Die Bestatterin sieht zwar diese Einschränkung, sagt aber: "Ich war froh, dass das überhaupt möglich war." Immerhin konnten so die trauernden Eltern telefonisch zu den Trauernden am Grab ihres Kindes sprechen.
"So scheiße, wie das war, dass die Eltern nicht vor Ort sein konnten, so schön war es, dass sie durch diese technische Möglichkeit dabei sein konnten."
Wenn ihr hören wollt, was Sarah Benz über die Serie "Das letzte Wort" denkt und welche Farbe sie besonders gern trägt, hört euch das ganze Gespräch an. Klickt oben auf Play.