Umfrage der Bertelsmann StiftungVertrauen in die Demokratie, Misstrauen in die Politik
Knapp 60 Prozent der 18- bis 30-Jährigen in Deutschland haben Vertrauen in die Demokratie. Geht es um die Regierung oder den Bundestag, dann sinkt das Vertrauen. Das zeigt sich auch in anderen europäischen Ländern, so eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung.
62 Prozent der 18- bis 30-Jährigen in Deutschland haben Vertrauen in die EU; 59 Prozent in die Demokratie. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann Stiftung.
"Wir wissen, dass der Zukunftspessimismus bei den jungen Menschen zugenommen und das Vertrauen über die Zeit in die Bundesregierung und das Parlament abgenommen hat. In unserer Studie gibt mehr als jeder Zweite an, kein Vertrauen in die Bundesregierung oder das Parlament zu haben."
Für die Umfrage wurden rund 2.200 Personen in Deutschland befragt: Gut 500 im Alter zwischen 18 und 30 Jahren sowie etwa 1.700 Menschen zwischen 31 und 70 Jahren. Damit sind auch Vergleich zwischen den Altersgruppen möglich.
Im europäischen Vergleich haben die Deutschen mehr Vertrauen
Teil der Umfrage sind aber auch Ergebnisse identischer Befragungen von über 4.300 18- bis 30-Jährigen in neun anderen europäischen Ländern. Nämlich in Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden sowie in Großbritannien. Damit lässt sich die Altersgruppe auch im europäischen Vergleich betrachten.
In diesen neun Ländern liegt das Vertrauen in die Demokratie im Durchschnitt bei 50 Prozent – und damit deutlich niedriger als in Deutschland. Auch beim Blick auf die Europäische Union zeigen die deutschen Befragten mehr Vertrauen: In den Vergleichsländern vertrauen im Durchschnitt 57 Prozent der EU; fünf Prozent weniger im Vergleich zu den Deutschen.
Weniger Vertrauen in Regierung und Parlament
In der Umfrage wurde auch nach dem Vertrauen in die Politik und ihre Institutionen gefragt. Hier wird bei deutschen 18- bis 30-Jährigen aus Vertrauen oft Misstrauen, so Jakob Vogel aus unserer Nachrichtenredaktion. 52 Prozent sagen, sie vertrauen nicht der Bundesregierung. 45 Prozent haben kein Vertrauen in den Bundestag.
"So sehr 18- bis 30-Jährige dem System Demokratie vertrauen, fast genauso sehr misstrauen sie der aktiven Politik."
Das Misstrauen gegenüber Institutionen zeigt sich in den anderen europäischen Ländern noch deutlicher. Im Durchschnitt haben 58 Prozent der Befragten kein Vertrauen in ihre Regierung und 54 Prozent fehlt das Vertrauen in das Parlament.
Dass 18- bis 30-Jährige ihr Vertrauen so unterschiedlich verteilen, könnte daran liegen, dass sie mit wenig Optimismus in die Zukunft blicken. Auch das ist ein Ergebnis der Umfrage, so Regina von Görtz. Sie war an der Umfrage beteiligt und ist Jugendexpertin bei der Bertelsmann Stiftung.
"Alle erwarten, dass es sich in den zentralen politischen Handlungsfeldern wie Klimawandel oder Lebensstandard, künftig eher verschlechtern wird."
Die Jungen erwarten, dass sich die Situation rund um Klimawandel, Lebensstandard oder Einkommensungleichheit in der Zukunft eher verschlechtern wird. "Es ist wenig Optimismus, dass Politik Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit herbeiführen kann", sagt Regina Görtz. Hinzu kommt, dass dieser Zukunftspessimismus in den vergangenen Jahren eher zu- als abgenommen hat, ergänzt Jakob Vogel.
Fehlender Optimismus für die Zukunft
Laut Umfrage, erwarten 36 Prozent der 18- bis 30-Jährigen in Deutschland, dass sich verschiedene Faktoren verschlechtern werden. Bei den 31- bis 70-Jährigen sind es sogar 42 Prozent, die diese Erwartung haben. Dieser fehlende Optimismus sei einer Herausforderung für die Politik und die demokratische Gesellschaft.
Es brauche zum Beispiel die Förderung der aktiven Beteiligung junger Menschen am politischen Diskurs, so Regina von Görtz. Aber auch, dass die Lebensziele der 18- bis 30-Jährigen von der Politik wahrgenommen würden. Viele streben nach eher klassischen Zielen, nämlich vielen Besitztümern, einem guten Aussehen, klaren Zielen, einer erfolgreichen Karriere und einem Eigenheim.
Auch Medien sowie Religionsgemeinschaften müssen aktiv werden: Das Vertrauen in sie liegt in Deutschland bei den Jüngeren bei nur 31 beziehungsweise 34 Prozent. Das Bildungssystem sowie die Wissenschaft schneiden hingegen gut ab: Hier liegt das Vertrauen bei 76 beziehungsweise 74 Prozent.