Geowissenschaftler Tobias Hipp zum Klimawandel"Jeder Bergsteiger merkt, dass sich in den Alpen was tut"
Gletscher schmelzen, das Wasser wird knapp, die Touren gefährlicher – Bergsteiger bekommen die Folgen des Klimawandels direkt vor Augen geführt.
Wo früher noch Eis war, ist heute nur noch Stein. Die Gletscher schmelzen. Die Landschaft verändert sich. "Jeder Bergsteiger und Wanderer merkt, dass sich in den Alpen was tut", sagt Tobias Hipp. Er ist Geowissenschaftler beim Deutschen Alpenverein und viel in den Bergen unterwegs. Der Temperaturanstieg durch den Klimawandel ist in den Alpen besonders stark zu spüren, sagt er. "In den letzten 150 Jahren haben wir zwei Drittel des Eisvolumens in den Alpen verloren."
Die Alpen sind wie ein Hindernis in der Atmosphäre, erklärt Tobias Hipp. Ähnlich wie ein gekipptes Dach in der Sonne, erwärmen sich die oberen Flächen der Alpen besonders stark.
"Eistouren, die ich vor 15 Jahren noch gemacht habe, kann ich heute nicht mehr machen."
Wege müssen verlegt werden
Das bedeutet einerseits, dass bestimmte Bergtouren nicht mehr möglich sind: Wo Bergsteiger früher über Gletscherzungen spazieren konnten, müssen sie heute ins Tal runter und auf der anderen Seite wieder hoch. Es gibt Gletscherzungen, so Tobias Hipp, die schmelzen bis zu hundert Meter pro Jahr.
Er selbst erlebt den Klimawandel vor allem beim Eisklettern, erzählt Tobias Hipp: "Eistouren, die ich vor 15 Jahren noch gemacht habe, kann ich heute nicht mehr machen." Wo früher Eiswände waren, sei heute teilweise nur noch Fels. Die Gefahr von Steinschlägen ist dann hoch.
Skifahren, wenn Schnee da ist
Für die Natur besonders gravierend ist aber der Wassermangel. Denn die Gletscher fungieren als Speicher. "Und je weniger Eis wir in den Alpen haben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir in Hitzesommern Wasserknappheit haben."
Auch Wintersportler kriegen den Klimawandel zu spüren. "Die Winter sind nicht so sicher, was Schneedauer und Schneedeckenmächtigkeit angeht." Momentan werde häufig mit Kunstschnee nachgeholfen – dafür wird viel Energie und Wasser benötigt. Deshalb appelliert Tobias Hipp dafür, die Sportart nach Wetterlage zu wählen: Das heißt, dass die Skisaison dann beginnen sollte, wenn Schnee da ist. "Ich glaube, dass wir als einzelne Bergsportler einen großen Einfluss auf unseren eigenen CO2-Fußbabdruck haben."
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