BegabungenIch kann etwas, was Du nicht kannst
Einige Menschen haben so etwas wie Superkräfte, die sie von anderen unterscheiden. Wie lebt es sich als Synästhetikerin oder mit absolutem Gehör?
Für Zara haben Buchstaben Farben und Fee kann jeden Ton, den sie hört, benennen. Die beiden jungen Frauen können damit etwas, wozu die wenigsten von uns fähig sind – und etwas, dass auch weit über die Vorstellungskraft der meisten Menschen hinausgeht. Doch was die beiden Frauen erzählen, ist kein Humbug, sie nehmen die Welt einfach anders wahr, als die Mehrheit das tut. In dieser Ab21 geht es darum, wie das Leben mit einer besonderen Begabung so ist.
Zara war zwölf Jahre alt, als bei ihr Synästhesie entdeckt wurde. Das bedeutet, dass ihrer einzelnen Sinne miteinander verknüpft sind und sie Dinge nicht nur sieht, sondern gleichzeitig auch schmeckt, hört, riecht, tastet oder fühlt. Bei ihr heißt das, dass Wörter und Zahlen Farben und sogar teilweise menschliche Charaktereigenschaften haben.
Begabungen fühlen sich "normal" an
Eine Lehrerin, die selbst Synästhetikerin ist, erkannte damals, dass ihre Schülerin nicht einfach nur wild fantasiert, sondern eine andere Wahrnehmung der Welt hat. Für Zara war das extrem wichtig:
"Ab dem Moment, in dem du einem Phänomen einen Begriff zuordnen kannst, kannst du dich selbst viel besser verstehen."
Rainer Rosenzweig ist Wahrnehmungspsychologe und erklärt, dass es Menschen mit besonderen Wahrnehmungen wie Zara oft so gehen würde. Erst im Gespräch mit anderen werde ihnen klar, dass sie die Welt anders wahrnehmen, als die meisten anderen. Auswirkungen auf den Alltag hätte eine Synästhesie oder ein absolutes Gehör kaum, denn: "man hat das einfach." Für diese Menschen fühle sich das normal an.
Fee weiß dank ihres Klavierlehrers, dass sie das absolute Gehör hat. Wie bei Zara ist das für sie völlig normal.
"Ich versuche es als praktisches Accesoire zu nutzen."
Während die meisten von uns nur einen Ton, eine Melodie oder einen Song hören, kennt Fee sofort die Noten dahinter. Mehr noch: Jede Note hat eine Charakteristik. Ein h beispielsweise ist für sie "weich, hügelig und hellblau".
Fakten zu Synästhesie:
- Die einzelnen Sinne von Synästhetikern sind miteinander verknüpft, sie haben deshalb eine andere Wahrnehmung. So können sie Dinge nicht nur sehen, sondern gleichzeitig auch schmecken, hören, riechen, tasten oder fühlen.
- Synästhesie ist keine Krankheit, sondern ein angeborenes neurologisches Phänomen und kommt bei etwa 4 Prozent der Weltbevölkerung vor.
- Die synästhetischen Wahrnehmungen werden von den meisten Menschen als mühelos empfunden und sind in der Regel mit angenehmen Emotionen verknüpft. Synästhetikerinnen nehmen einfach mehr wahr.
- Da Synästhesie keine Krankheit ist, gibt es auch keine Diagnose im klassischen Sinne. Allerdings können Synästhetikerinnen an Studien teilnehmen oder sich hier testen.
Fakten zum absoluten Gehör:
- Wer ein absolutes Gehör hat, der kann ohne einen Vergleichston einen einzelnen Ton benennen. Diese Fähigkeit besitzt nur einer von 10.000 Erwachsenen.
- Laut einer Studie der Psychologin Diana Deutsch von der University of California in San Diego besitzen Chinesen das absolute Gehör häufiger als Europäer und Amerikaner. Der Grund: Sie trainieren von klein auf ihr Gehör besser.
- Studien legen nahe, dass ein absolutes Gehör nicht rein genetisch bedingt sein kann. Allerdings können wir ein absolutes Gehör auch nicht einfach so erlernen. Die Mischung macht es hier: Wenn wir mit einem absoluten Gehör geboren werden, dann müssen wir es im Kindesalter trainieren – falls wir diese Fähigkeit im Erwachsenenalter beibehalten wollen.