GesellschaftWeiße Haut ist die Norm: Beim Ballett und in der Medizin
Hersteller von Tanzzubehör bieten Tänzerinnen und Tänzer inzwischen auch Schuhe, die nicht weiß sind. Viele andere Produkte sind aber immer noch ausschließlich für helle Hauttöne konzipiert.
In der Ballett-Philosophie sind die Schuhe die Verlängerung des Körpers. Deswegen hat das Dance Theatre of Harlem, ein Ensemble mit Menschen aller Hautfarben, in den 1970er Jahren als erstes mit der Tradition gebrochen, weiß Tanzschuhe zu tragen. Wenn man dunkle Haut hat, dann sehen rosa Spitzenschuhe auch einfach nicht aus, so die Überzeugung des Ensembles. Deswegen haben nicht weiße Tänzerinnen und Tänzer ihre Schuhe bisher aufwändig mit Make-up eingefärbt. "Pankcaking" nennt sich das. Jetzt bieten erste Hersteller auch andere Farben an.
Viele weiß-genormte Dinge
Es gibt noch einige andere weiß-genormten Dinge: Nude-Wäsche - also Lingerie in Hauttönen -, Schaufensterpuppen oder auch Buntstifte in 'Hautfarbe', die beige/rosa sind. Joshua Kwesi Aikins, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel, sagt, in Deutschland gebe es viele Produkten in weißer Norm.
"Im deutschen Alltag gilt oft diese unausgesprochene weiße Norm, und das zieht sich über Kleidungsstücke und die Darstellung von Menschen."
"In der Werbung, in Büchern, Kinder- und Schulbüchern, wird ein sehr weißes Bild der Gesellschaft verbreitet", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Rebekka Endler. Beige Standard-Pflaster sind beispielsweise auch nur in einer Farbe zu bekommen. Wenn man diesem Hautton nicht entspreche, werde man bei jedem Kratzer daran erinnert, dass die eigene Hautfarbe nicht die Regel ist, sagt Aikins.
Probleme in der Medizin
Auch in der Medizin können auf die weiße Hautfarbe kalibrierte Messungen zum Problem werden, etwa bei Allergietests und bei der Erkennung von Gelbsucht bei Neugeborenen. Um diese zu erkennen, wird häufig ein Scanner angewendet. Dieser Scanner sei aber vielleicht auf weiße Haut eingestellt und könne bei anderen Hauptfarben darum keine Krankheit erkennen, sagt Aikins.
"Das ist ein Lichtsensor, und der muss ja geeicht sein auf irgendeinen Hautton. Wenn der geeicht ist, auf weiße Haut, dann heißt das: Menschen mit anderen Hauttönen haben da das Nachsehen."
Es gebe hier Alternativen, aber die müsse der Patient selber einfordern, sagt der Politikwissenschaflter und Aktivist. Das Problem sei aber, dass viele Menschen gerade hier in Deutschland gar nicht wüssten, dass diese weiße Norm zum Einsatz komme und deswegen auch nicht wüssten, dass sie eine ungleiche oder unpassende Behandlung bekommen würden.
"Anstatt diese Erfahrungen zu bagatellisieren könnten wir auch sagen: 'Da haben wir jetzt eine Chance was draus zu lernen, was tatsächlich für alle hilfreich ist.'"
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