Ringen um AutoritätChef, ich kann es besser
Autorität müssen wir erstmal anerkennen. Gar nicht so einfach, denken sich viele Arbeitnehmer. Aus Faulheit, Angst oder weil sie glauben, es besser zu wissen, machen sie Dinge am Chef vorbei. Heimlich. Dabei wäre es besser, diese Dinge auszuhandeln, sagt die Philosophin Rita Molzberger.
Fast jeder Dritte macht nicht, was der Chef ihm sagt. 31 Prozent sagten in einer Umfrage von TNS Infratest, sie machten lieber ihr eigenes Ding. Das hat unterschiedliche Ausprägungen: Anweisungen werden ignoriert, anders ausgelegt oder Dinge ohne Absprache gemacht.
Der Knackpunkt, sagt Philosophin Rita Molzberger, ist das Thema "Ordentlicher Umgang". Denn viele dieser Aktionen werden heimlich ausgetragen.
"Da zeigt sich ein Ringen um Autorität. Wer hat jetzt hier das Ansehen und den Einfluss, um etwas nach vorne zu bringen? Diese Autorität muss aber zunächst eingeräumt und anerkannt werden."
Die Gründe, warum dies geschieht, sind vielfältig. Einige wollen Abstimmungsprozesse verkürzen, andere erkennen die Kompetenz des Chefs nicht an, haben Angst, den Chef einzubeziehen. Oder sie fühlen sich ausgebremst und wollen ihre Ideen lieber alleine durchziehen. Das dahinterliegende Problem ist natürlich, dass Autorität nicht anerkannt wird. Und es geht, wie die Beispiele zeigen, dabei nicht nur um unterstellte fehlende Fachkompetenz.
Vielleicht weiß es keiner besser
Rita Molzberger hat einen Tipp aus der Philosophie für die bessere Verständigung zwischen Chef und Mitarbeiter. Nämlich sich vom Konzept der "Expertenberatung" zu trennen: In diesem hat der eine die Kompetenz quasi gepachtet und der andere ist nur der Empfänger. So etwa im Verhältnis Steuerberater und Klient.
Besser geeignet könnte mitunter die "Existenzielle Beratung" sein. Bei diesem Konzept weiß zunächst niemand, was die beste Lösung ist. Auch im Arbeitsleben, sagt Rita Molzberger, kann es sinnvoll sein, gemeinsam zu schauen, wie sich ein Problem lösen lässt. "Ich glaube, dass der Mitarbeiter sich dann wertgeschätzt fühlt und die Abstimmung nicht mehr umgehen will", so die Philosophin. In ihrem Arbeitsverhältnis hat sie damit übrigens gute Erfahrungen gemacht.
"Meine Chefin und ich handeln tatsächlich vieles gemeinsam aus. Und wenn es Anweisungen gibt, dann sind die wohldurchdacht."
Und noch einen Gedanken gibt sie den um Autorität ringenden Arbeitnehmern mit: Autorität funktioniert nicht nur einseitig, sondern der Chef übernimmt auch die Verantwortung, wenn der Mitarbeiter etwas verbockt.
So ganz unerkannt bleiben die Alleingänge nicht. In der Umfrage hat Infratest nämlich nicht nur 800 Mitarbeiter befragt, sondern auch 400 Führungskräfte. 38 Prozent der Chefs schätzten, dass nicht immer alles so umgesetzt wird, wie sie es auftragen.