Neues wagenWas wir außerhalb der Komfortzone lernen
Malte verlässt regelmäßig seine persönliche Komfortzone. Seine größte Challenge kommt aber noch. Ob wir wirklich häufig aus unserer Komfortzone treten sollten und was passiert, wenn wir es tun, erklärt uns die Medizinerin Sarah Boppert.
Malte war noch nie so richtig zufrieden mit seinem Körper. Seit Jahren ist er schon im Fitness-Studio angemeldet - hat es aber niemals so richtig durchgezogen mit dem Sport. Das soll sich jetzt ändern: Er hat sich fest vorgenommen, regelmäßig zu trainieren.
Malte studiert Journalismus und Unternehmenskommunikation in Köln und mag neue Herausforderungen. Diese Challenges, die er sich selbst bei TikTok stellt, nimmt er als Motivation, Neues zu wagen. Und das funktioniert.
Die Aufgaben, die er sich überlegt, sind ganz unterschiedlich: Malte war beispielsweise alleine auf einem Konzert, hat Blumen an fremde Menschen verschenkt, er war eisbaden, ging mit einer Banane an der Leine Gassi, hat morgens eiskalt geduscht oder einige Tage lang nur Anzug getragen.
"Wenn ich das jetzt mache, fuck, was sollen da die Leute denken?"
Die Idee dazu kam ihm am Jahreswechsel, erzählt Malte, als er darüber nachdachte, was er so erlebt hat im vergangenen Jahr. Ihm wurde klar: "So richtig über dich hinausgewachsen bist du dieses Jahr nicht, du hast nichts Besonderes gemacht."
Über sich hinauswachsen
Seither haben ihn diese ganzen Challenges dazu gebracht, sich mehr zu
trauen, sagt Malte, und weniger darauf zu achten, was andere von ihm
halten könnten. Einmal kam er aber doch an seine Grenzen: Es sei ziemlich herausfordernd gewesen, bei einem Poetry-Slam live auf der Bühne eigene Texte vorzutragen. Eine besondere Erfahrung, die er aber nicht noch einmal braucht, sagt Malte.
1600 Kilometer mit dem Rad
Im Mai will er sich einer besonderen Challenge stellen: Er plant, 21 Tage lang rund 1600 Kilometer mit dem Rad bis nach Rumänien zu fahren - alleine. Er verspricht sich davon, ein Abenteuer zu erleben, zu sich selbst zu finden aber auch an seine Grenzen zu kommen. Sich jeden Tag aufs Neue zu überwinden, werde sicher ein krasses mentales Training.
Neues erleben kann stark machen
Sarah Boppert, Ärztin und wissenschaftliche Autorin bei Hello Better, einer Plattform für psychologische Therapieangebote, sagt, dass wir uns normalerweise im Alltag in unserer Komfortzone bewegen: Wir erleben dort bekannte und vertraute Dinge und haben bestimmte Routinen, die keinen Aufwand für uns darstellen.
"Die Komfortzone beschreibt ja den Teil deines Lebens oder Erlebens, in dem du dich sicher und geborgen fühlst."
Um neue Erfahrungen zu machen und vielleicht auch neue Fährigkeiten zu erlernen, sei es aber wichtig, seine Komfortzone ab und zu zu verlassen, betont Sarah Boppert. "Vielleicht findet man dabei auch seine neue Leidenschaft."
Im Leben laufe schließlich nicht immer alles nach Plan. Manchmal werden wir ungewollt aus unserer Komfortzone geworfen. Wer sich immer mal wieder neuen Herausforderungen stelle, könne dann mit solchen Situationen besser umgehen, sei vielleicht auch selbstbewusster als jemand, der das nie wage, so die Ärztin.
Das Komfort- oder Lernzonenmodell wurde von dem Sozialpädagogen Tom Senninger entwickelt. Es ist ein Modell, das drei verschiedene Zonen benennt, in denen wir uns bewegen:
- In der Komfortzone sind wir entspannt und sicher
- In der Lern- oder Wachstumszone begeben wir uns auf unbekanntes Gebiet, erleben und lernen Neues
- In der Panikzone fühlen wir uns überfordert und ängstlich
"Ganz oft sind es Ängste, die uns daran hindern, aus der Komfortzone herauszugehen."
Versagensängste, beispielsweise im Job, könnten uns daran hindern, neue Aufgaben zu übernehmen und unsere Komfortzone zu verlassen, erklärt Sarah Boppert. Oder aber, wir wollen gar keine Veränderung, weil wir uns wohl und sicher fühlen, genau da wo wir gerade sind.
Klein anfangen ist auch ein Weg
Wenn man Veränderungen scheut, sei es jedoch wichtig, sich die Gründe dafür klar zu machen, meint Sarah Boppert: "Ist es nur Bequemlichkeit oder habe ich Ängste, weil ich mir etwas nicht zutraue?" Ihr Tipp: Es müssen nicht gleich die ganz großen Herausforderungen sein, denen wir uns stellen. Sich Stück für Stück an Neues heranzuwagen, sei auch eine Option.