Nach dem AttentatWie die Schüsse auf Donald Trump den US-Wahlkampf verändern
Vom Hass-Redner zum Präsidentschaftskandidaten, der das Land zusammenführen will? Nach dem Anschlag scheint Donald Trump eine rhetorische Kehrtwende hinzulegen. Auch US-Präsident Joe Biden lenkt um. Ein Wahlkampf mit unerwarteter Wendung.
Es ist ein Ereignis, das ziemlich sicher in die Geschichtsbücher eingehen wird. Auf den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wird während einer Wahlkampfveranstaltung am 13. Juli 2024 geschossen. Eine Kugel trifft Trump am Ohr. Doch Beobachter sind sich einig: Er ist nur knapp dem Tod entgangen. Sekunden später wird er von der Security in Sicherheit gebracht. Dabei streckt Trump seine rechte Faust in die Höhe und ruft drei Mal "fight". Seine Anhänger*innen antworten mit USA-Rufen.
Sichert das Attentat Trumps Wiederwahl?
Während die Bilder um die Welt gehen und Informationen zum Attentat durch die Nachrichtenticker laufen – der Schütze war laut FBI ein 20-jähriger Mann aus Pennsylvania, ein Motiv gibt es bisher noch nicht, er soll aber alleine gehandelt haben – steht eines fest: Der Anschlag auf Trump wird den US-Wahlkampf verändern.
Tobias Endler, Politikwissenschaftler und Amerikanist, erzählt, dass er nur kurz nach dem Anschlag Nachrichten von amerikanischen Freund*innen bekommen hat, die im Grunde alle lauteten: Die Wahl ist vorbei. Das ist für Biden nicht mehr zu gewinnen.
"Es ist im Grunde die Illustration dieses Wahlkampfs schlechthin. Trump, der schusssichere Kandidat."
Der Politikwissenschaftler geht nicht so weit zu sagen, dass die Wahl bereits entschieden sei. Sicher ist seine Einschätzung nach aber das: Nun werden auch die Kritiker im konservativen Lager auf Trump umschwenken. Der Mordanschlag wird die Partei zusammenschweißen.
Trump selbst reagiert blitzschnell und nutzt den Anschlag zur Selbstinszenierung. Die Mythenbildung, sagt Tobias Endler, hat bereits jetzt begonnen. Es heißt, Trump habe sofort nach dem Anschlag zu den Menschen sprechen wollen. Die Security-Mitarbeiter hätten ihn daran gehindert. Trump als vermeintlich schusssicherer Kandidat verschärft so den Kontrast zu seinem Konkurrenten Joe Biden, so Tobias Endler.
"Trump verkörpert eine Eigenschaft, die uramerikanisch ist: durchhalten und gegen Härten bestehen."
Trump reagiert noch auf einer anderen Ebene schnell: Er ändert seine Rhetorik. Die für Donnerstag (18.7.2024) geplante Rede auf dem Nominierungsparteitag will er umgeschrieben haben. Statt wie vorgehabt Bidens Regierung zunichtezumachen, kündigt er nun einen versöhnlichen Grundtenor an: Er will das Land zusammenbringen.
Auch US-Präsident Biden appelliert an Einigkeit und Frieden, allerdings meint er die Nation, erklärt Tobias Endler. Trump hingegen fokussiert sich auf die Republikaner*innen und Anhänger*innen, von denen er nach dem Anschlag hofft, dass es mehr werden.
Demokratische Partei unter Druck
Und die Demokraten rund um Joe Biden? Die stehen nun vor zwei schwierigen Herausforderungen, sagt der Politikwissenschaftler. Sie müssen von jetzt auf gleich ihre Wahlkampftaktik ändern. Trump als "gefährlichen Gegner" zu bezeichnen, ist nach dem Anschlag pietätlos. Biden muss nun staatsmännische Größe beweisen, so Tobias Endler, was ihm auch schon gelungen sei.
Das andere Problem der Demokraten: Bidens Gebrechlichkeit und sein mental fragwürdiger Zustand. Das Fernsehduell zwischen den beiden Kandidaten sei für Biden "desaströs" gewesen, so der Politikwissenschaftler. Kurz wird durch den Anschlag davon abgelenkt werden können, auf lange Sicht, also bis zum Herbst, wird Biden aber Stärke und Vitalität beweisen müssen.
"Im Grunde wird da eine starke Figur erwartet. Das ist ein Land, das völlig obsessiv mit jugendlicher Energie ist."
In den USA wird am 5. November gewählt. Der Herbst gilt dabei als heiße Phase. Dann, so Endler, entscheiden sich in der Regel auch die unentschiedenen Wähler*innen. Doch bis dahin kann viel passieren, sagt der Politikwissenschaftler. Schließlich hätte den Anschlag und die Konsequenzen daraus auch niemand vorhersagen können. Deswegen plädiert Endler fürs genaue Beobachten der Politik. So schnell wie derzeit Tatsachen geschaffen werden, könnten keine Vorhersagen getroffen werden.