ArbeitssuchtEinstiegsdroge Studium
Banker und Manager sind oft als Workaholics verschrien. Dabei leiden nicht nur Menschen an Arbeitssucht, die dem großen Geld hinterher jagen. Auch Hausfrauen sind mitunter arbeitssüchtig. Oder Studenten.
Weil Arbeitssucht in Deutschland - anders als im arbeitswütigen Japan - keine anerkannte Krankheit ist, gibt es auch keine eindeutige Definition. Und weil Arbeitssucht keine stoffliche Sucht ist, lässt sie sich auch schwer quantifizieren. Sind 60 Stunden arbeiten pro Woche schon zu viel? Oder erst 70 Stunden?
Stefan Poppelreuter hält sich da eher an qualitative Merkmale. Die Frage ist: wie viel Raum nimmt Arbeit in meinem Leben ein. Klar, wir alle arbeiten mal mehr und mal weniger. Und manchmal gibt es Phasen, da arbeiten wir nicht acht Stunden am Tag, sondern 12 oder auch 16 Stunden. Manchmal mehrere Tage am Stück. Das alles ist aber nur dann bedenklich, wenn es danach keine Phase der Entspannung mehr gibt.
"Wenn ich vor einer Prüfung stehe, die für mich von zentraler Bedeutung ist, kann das dazu führen, dass ich mich so darauf konzentriere, dass ich Tag und Nacht nur noch damit beschäftigt bin."
Mit dem Studium fängt es an
Vor allem Studenten sind gefährdet, arbeitssüchtig zu werden. Dass der Stress bei ihnen bereits gesundheitliche Folgen hat, zeigt der gestiegene Bedarf an psychologischer Betreuung von Studenten. Für Stefan Poppelreuter ist das Studium eine Art Einstiegsdroge. Erst gibt es diese eine wichtige Prüfung. Für die lerne ich Tag und Nacht. Als Lohn winkt eine gute Note, im Anschluss ein guter Job. Und weil ich gelernt habe, dass ich was erreichen kann, wenn ich mich voll reinhänge, mache ich das auch im Job. Und schon beginnt der Suchtkreislauf.
Wie bei jeder Sucht sind nicht alle Menschen gleich suchtgefährdet. Drei Faktoren haben einen Einfluss darauf, ob jemand arbeitssüchtig wird oder nicht:
- die Person, also genetische Disposition
- die Umwelt (in diesem Fall die westliche Industrienation)
- der Status der Droge
Vor allem Punkt zwei ist für ihn interessant. Denn Arbeitssucht ist vor allem in den westlichen oder asiatischen Industrienationen bekannt. In Afrika sei die Arbeitssucht nahezu unbekannt. In Deutschland sind derzeit geschätzt eine halbe Millionen Menschen echte Arbeitssüchtige. Jeder siebte Arbeitnehmer ist stark gefährdet. Damit ist die Arbeitssucht in etwa vergleichbar mit der Spielsucht.