ArbeitsbelastungDas machen 260 Tage Arbeit am Stück mit unserem Körper
Gerade Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal kratzen während der Pandemie an ihren Reserven. Sie arbeiten teilweise monatelang ohne einen freien Tag - und brechen trotzdem nicht zusammen. Doch unendlich können wir solche Perioden nicht durchhalten. Wir brauchen Pausen, damit unser Körper den Stress wieder abbauen kann - und wir wieder zu neuen Ideen kommen können.
Die Pandemie trifft die USA besonders schwer. Die Krankenhäuser sind voll, das Personal arbeitet auf Hochtouren. Oberarzt John Varon vom United Memorial Medical Center in Houston berichtet gegenüber dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN, dass er seit 256 Tagen durcharbeitet. Noch ist er nicht umgekippt - warum eigentlich nicht?
"I've been working for 256 days today and I don't know what keeps me going. I don't know why I haven't broken down."
Dauerbelastung ist für unseren Körper ein Ausnahmezustand. Das bedeutet: Er setzt Stresshormone frei. Der Körper mobilisiert alle Reserven, um noch durchzuhalten, erklärt Arbeitsmedizinerin Manuela Jacob-Niedballa. Das heißt er steckt die Energie in die Durchblutung der Organe, um nicht zusammenzubrechen.
Zweitranginge Bedürfnisse werden hintenangestellt
Das bedeutet aber auch, dass einige Bedürfnisse hintenangestellt werden müssen. Wer Stress hat, vergisst schnell mal zu essen oder zu trinken. Der Körper hat keine Zeit dafür Signale zu senden. Außerdem leidet in einem solchem Zustand unser kreatives Denken.
"Belastung ist Stress. Da laufen im Körper die gleichen Prozesse ab, wie bei dem Anblick eines Mammuts. Und wenn uns ein Mammut gegenüberstand, haben wir eben nicht diskutiert, sondern gekämpft."
Auch unsere Vorfahren haben in einer Stresssituation, wie dem Anblick eines Mammuts, nicht mit dem Mammut diskutiert, sondern haben gekämpft oder sind geflohen, erklärt Manuela Jacob-Niedballa. Das heißt: Innovative Ideen sind in solchen Momenten nicht gefragt, sondern es laufen Automatismen im Körper ab.
Folge ist nicht immer gleich ein Herzinfarkt
Der Körper mobilisiert alle Reserven – wenn die Reserven aber verbraucht sind, muss das nicht gleich zu einem Herzinfarkt führen, sagt Manuela Jacob-Niedballa. Oft machen sich die Folgen nur schleichend bemerkbar: Es setzt eine allgemeine Erschöpfung und Müdigkeit ein.
Dazu zählen Schlafstörungen, aber auch das ständige Kreisen um dieselben Gedanken. Dann tritt oft auch das ein, was der Arzt aus Houston ebenfalls berichtet – nämlich eine gewisse Resignation.
"Um einem Burnout vorzubeugen, sollten wir uns zwei Fragen stellen: Freue ich mich auf meinen Tag? Und wieviel Sinn gibt meine Arbeit meinem Leben?"
Damit wir gar nicht erst in einen solchen Zustand kommen, rät Manuela Jacob-Niedballa, sich selbst zu fragen, wieviel Freude und Sinn unsere Arbeit uns gibt. Denn je nachdem kann diese Motivation uns helfen über die Ausnahmesituationen hinwegzukommen.
Dringend gebraucht: Belohnungen und positives Feedback
Dabei hilft uns nicht nur die eigene Motivation, sondern vor allem auch positives Feedback und Belohnungen. Manuela Jacob-Niedballa empfiehlt in schwierigen Situationen wie der Pandemie: Sich bewusst 20 Minuten am Tag Zeit nehmen, um etwas Positives zu erleben.
Das kann ein schönes Abendessen sein oder eine Videokonferenz mit Freunden. Wichtig dabei ist, sich dabei auch positive und lustige Dinge zu erzählen. Denn Nähe, Glück und Zusammengehörigkeitsgefühl tut auch unserem Körper gut. Der schüttet dabei das Hormon Oxytocin aus, das wiederum stresslindernd wirkt.
"Das Geheimnis ist wie so oft: Bewegung und Natur! Selbst nur der Anblick von Natur steigert unsere Kreativität um 20 Prozent."
Pausen sind für den Körper wichtig. Deshalb ist nach vielen Tagen der Arbeit, Urlaub dringend notwendig. Manuela Jacob-Niedballa rät außerdem zu viel Bewegung, denn auch das baut Stresshormone ab. Also, selbst wenn es draußen kalt ist: Dick einpacken und sich 20 Minuten die Beine vertreten.
Denn der Anblick von Natur macht uns auch wieder kreativer. Neue Ideen können uns nur dann kommen, wenn wir auch mal eine Pause vom Stress haben.