ArbeitsmarktStrengere Regeln für Arbeit auf Abruf

Das Wetter wird schöner, wir wollen Frühlingsklamotten shoppen oder in den Biergarten. Dort muss dann auch kurzfristig mehr Personal ran: "Arbeit auf Abruf" heißt das und die neue GroKo will dafür striktere Regeln aufstellen.

Viele Menschen, die auf Abruf arbeiten, haben Teilzeitverträge ohne feste Stundenzahl. Dann muss der Arbeitgeber zehn Stunden pro Woche garantiert bezahlen, auch wenn weniger gearbeitet wird. Aber die Stundenlöhne im Service in der Gastronomie oder auch als Verkäuferin oder Verkäufer sind niedrig. Die Angestellten sind darauf angewiesen, dass da noch viele Stunden hinzukommen.

"Wer auf Abruf arbeitet hat null Planungssicherheit. In einem Monat verdient man vielleicht mal 1500 Euro und im nächsten 450."
Sebastian Sonntag, Deutschlandfunk Nova

Als Nebenjob oder während des Studiums ist Arbeit auf Abruf auch schwierig, weil viele Arbeitgeber ziemlich spontan anrufen. Wenn das dann genau passiert, wenn ihr gerade bei einem anderen Job seid, kommt ihr schnell in Bedrängnis. Wem könnt ihr eher absagen, und wer ruft euch nach einer Absage noch mal an? Das sind die Ängste der Beschäftigten auf Abruf. 

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Eigentlich haben Gerichte schon entschieden, dass Arbeitgeber mindestens vier Tage vorher anrufen müssen, wenn sie wollen, dass man arbeitet. Das passiert in der Praxis aber häufig nicht. Und Arbeit kurzfristig anzunehmen, ist nicht verboten. Weil viele auf die Stunden angewiesen sind, machen sie wohl oder übel mit. Das verhindert Freizeitgestaltung und Entspannung, weil man immer auf Abruf ist. 

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung gehen von etwa 1,9 Millionen Menschen aus, die in Deutschland so arbeiten. 

Auch an Flughäfen und in der Pflege wird auf Abruf gearbeitet

Der Einzelhandel begründet seinen Bedarf nach Arbeit auf Abruf damit, am Wochenende mehr Kunden bedienen zu können. Aber auch in der Altenpflege gibt es viele Jobs auf Abruf. An Flughäfen werden zum Teil Mitarbeiter für zwei Stunden beschäftigt, um Flugzeuge auszuladen. Tatsächlich aber machen das viele Firmen nicht, weil die Menge der Arbeit so schwer vorauszusagen ist, sondern weil sie sparen wollen.

"Die Arbeitgeber sparen 20 bis 30 Prozent der Personalkosten auf den Schultern der Beschäftigen."
Thomas Gürlebeck, Verdi

Arbeitgeber müssen weniger Krankengeld zahlen als bei einem Festangestellten. Und wer auf Abruf arbeitet, meldet sich seltener krank, weil sie oder er es sich nicht leisten kann. 

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Wie beliebt das Modell bei den Firmen ist, zeigt die Modekette H&M. Dort waren 2001 nach eigenen Angaben fast die Hälfte der Mitarbeiter in Vollzeit angestellt und 22 Prozent haben damals auf Abruf gearbeitet. 2016 hat sich das Verhältnis laut einer Befragung durch Betriebsräte umgekehrt. Nur noch 26 Prozent der Mitarbeiter ist Vollzeit beschäftigt und 41 Prozent arbeiten auf Abruf.

GroKo will mehr Sicherheit durchsetzen

Wenn zum Beispiel keine konkrete Wochenarbeitszeit vereinbart ist, sollen laut den Plänen von Union und SPD mindestens 20 Stunden garantiert bezahlt werden statt der zehn bisher. Außerdem sollen starke Schwankungen der Arbeitszeit verhindert werden. Und zwar auf höchstens 20 Prozent weniger oder 25 Prozent mehr als der vereinbarten Arbeitszeit. 

"Stehen also zehn Stunden pro Woche im Vertrag, heißt das demnächst: Mindestens acht Stunden aber nicht mehr als 12,5 Stunden dürfen gearbeitet werden."
Sebastian Sonntag, Deutschlandfunk Nova

Außerdem soll es mehr Geld geben, wenn der Arbeitnehmer krank wird. Das macht die Jobs auf Abruf für Firmen unattraktiver, die nur Kohle sparen wollen. Für echte Saisonarbeit wie Gastronomie, wird es ein bisschen schwieriger, weil sie so ihren Teilzeitkräften immer die 20 Stunden pro Woche zahlen müssen, auch wenn es regnet.