Arznei und ProtestApotheker: "Seit 2004 ist unser Festhonorar nicht angepasst worden"

Gut neun von zehn Apotheken in Deutschland sind heute (14. Juni 2023) geschlossen. "Der Leidensdruck ist hoch", sagt Apotheker Gregor Krug und erklärt den Protest.

Lieferengpässe, Bürokratie, Fachkräfte- und Nachwuchsmangel, stagnierendes Festhonorar – deswegen protestieren viele Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland, erklärt Gregor Krug. Er betreibt selbst vier Apotheken in Nordrhein-Westfalen – zwei in Goch und zwei in Rheinberg. Vielerorts sind die Apotheken heute, am 14.06.2023, nur im Notdienst geöffnet.

"Unsere Kosten steigen in allen Bereichen. Und dadurch, dass wir ein festes Honorar haben, können wir die nicht weitergeben."
Gregor Krug, Apothekeninhaber

Inflation und die allgemeine Kostensteigerung machen den Apotheken wirtschaftlich schwer zu schaffen, so der Apotheker. Es gehe aber nicht darum, dass der Inhaber mehr Geld bekomme, sagt er. – Zur Einordnung: Selbstständige Apothekenbetreibende verdienen brutto durchschnittlich 14.500 Euro monatlich – Stand 2019. Angestellte Apothekerinnen und Apotheker kommen auf einen Bruttogehalt zwischen 3.500 und 7.144,- Euro – Stand 2022.

Protesttag: Apotheken fordern höheres Festhonorar

Sondern, so Gregor Krug: Die Apotheke an sich bräuchte mehr Geld. Das Problem ist das sogenannte Fest- oder Apothekenhonorar. Das fällt für rezeptpflichtige Medikamente an. Bei diesen ist, anders als bei rezeptfreien Arzneimitteln, das Honorar des Apothekers über die Arzneimittelpreisverordnung festgelegt, also gesetzlich geregelt. Die Apothekerverbände fordern eine deutliche Erhöhung dieses Betrags.

Am Ende geht es aber doch auch um Gehälter: Die Apotheken plagen Fachkräfte- und Nachwuchssorgen, sagt Gregor Krug. Das Gehalt sei, neben anderen Faktoren wie etwa Arbeitsbedingungen, mit ein Grund dafür, dass junge Absolvent*innen sich gegen Apotheken entschieden – obwohl die Inhaber auch auf Geld verzichten würden, um Mitarbeitende gut zu bezahlen und den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Lieferengpässe erhöhen Beratungsaufwand

Wegen der Lieferengpässe sei zudem die Beratung zeitintensiver als zuvor, argumentiert der Gregor Krug: "Wir haben in Deutschland knapp 500 Arzneimittel, die nicht lieferbar sind."

"Mittlerweile werden aus Kostengründen die Arzneimittel in Indien oder in China oder anderen südostasiatischen Ländern hergestellt. Das führt dazu, dass bestimmte Dinge nicht mehr verfügbar sind in Europa."
Gregor Krug, Apothekeninhaber

Er räumt zwar ein, dass die Bundesregierung ermöglicht hat, Antibiotika-Säfte für Kinder aus dem Ausland zu bestellen. Er hält das aber für "Aktionismus", weil auch im Ausland nichts verfügbar sei. Gregor Krug findet, dass die Produktion von Arzneimitteln wieder nach Europa zurückkommen müsse.

Versorgungslücken auf dem Land

Schon heute gebe es Probleme, den ländlichen Raum mit Medikamenten zu versorgen. Die flächendeckende Versorgung müsse weiterhin gewährleistet sein, findet Gregor Krug. Apothekenschließungen könnten die Situation verschärfen.

"Wir wollen weiterhin eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gewährleisten können."
Gregor Krug, Apothekeninhaber

2022 seien deutschlandweit 400 Apotheken geschlossen worden (gemeint ist hier die Differenz zwischen Neueröffnungen und Schließungen, wie diese Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zeigen) – inflationsbedingt waren es laut Gregor Krug im ersten Quartal 2023 bereits 200.

Schon vor dem Protesttag hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übrigens den Forderungen nach höherem Apothekenhonorar eine Absage erteilt, wenngleich er Verständnis signalisierte. Für Erhöhungen sehe er keinen Spielraum. Und es gibt auch Kritik an den Forderungen der Apotheker*innen – etwa vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Deutschen Stiftung Patientenschutz.