Anwältin Asha Hedayati über häusliche Gewalt"Die Gegenseite gibt es nie zu"
Asha Hedayati ist Anwältin für Familienrecht. An sie wenden sich vor allem Frauen, die häusliche Gewalt erfahren haben. Die Corona-Krise sorgt dabei für eine weitere Verschlechterung der Lage.
Es gebe in diesen Tagen auch Momente, die Hoffnung machen würden. "Es gibt auch jetzt Frauen, die die Trennung vollziehen und sich von der Gewalt befreien", sagt Asha Hedayati. Sie ist Anwältin für Familienrecht und Mediatorin in Berlin.
Vermehrte Anrufe nach dem Lockdown
Nach einer ruhigeren Zeit würden sich nach mehreren Wochen Lockdown nun die Anrufe bei ihr mehren. Die Corona-Krise habe die Lage für etliche Frauen noch einmal verschärft, sagt Hedayati. Es kämen viele Faktoren zusammen: möglicher Jobverlust, Zukunftsängste und die Tatsache, dass man viel Zeit mit dem Partner verbringe.
Dabei hätten die Frauen in der Corona-Krise kaum eine Chance, Hilfsangebote anzunehmen und sich an Anwälte und Anwältinnen zu wenden. Schließlich ist es kaum möglich, ungestört zu telefonieren. In anderen Ländern sind deshalb schon Beratungen in Supermärkten durchgeführt worden. Wie Frauen auch in Corona-Zeiten geholfen werden kann, hat Asha Hedayati in einem Merkblatt zusammengefasst.
"Die Wut treibt mich an."
Allein im Jahr 2018 waren rund 140.00 Menschen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Opfer von Partnerschaftsgewalt. Mehr als 80 Prozent davon sind Frauen. Die Reihe der Delikte ist lang: leichte und schwere Körperverletzung, Bedrohung, Stalking, Freiheitsberaubung, Mord.
"Manchmal halte ich die Ungerechtigkeit nicht aus."
Es geht um Macht und Besitzansprüche
"Viele, die sich an mich wenden, sind nicht das erste Mal von Gewalt betroffen", sagt Hedayati. Dabei sind viele der Beziehungen durch starke Abhängigkeiten und klassische Opfer-Täter-Umkehr geprägt. Die verdrehte Logik: Da die Frau immer meckern würde, müsse der Mann ja Alkohol trinken und sie schlagen. Frauen seien also selbst schuld. "Es ist besonders schwer, da rauszukommen", sagt Hedayati. Erst recht, weil viele Frauen nach und nach sozial isoliert seien. Dann fehle ein Netzwerk, das helfen könne.
Wer den Schritt geht, sich zu trennen, begibt sich dabei möglicherweise zunächst in noch größere Gefahr. "Frauen in Trennungssituation sind in besonderem Maße gefährdet. Denn: Es geht um Macht und Besitzansprüche. Der Partner fühlt sich seines Besitzes beraubt."
Über die Kinder Kontakt herstellen
Besonders kompliziert wird es, wenn der Mann versucht, über die Kinder wieder Kontakt zur Frau zu bekommen. "Da ist der Schutz noch ausbaufähig", sagt Hedayati. Auch in Umgangsverfahren, in denen es um das Besuchsrecht des Vaters gehe, müsse die häusliche Gewalt eine stärkere Rolle spielen. Häufig sei das nicht der Fall. Der Satz "Er war ein schlechter Partner, aber ist ein guter Vater" müsse gerade bei gewalttätigen Partnern hinterfragt werden, sagt die Anwältin. Das ist auch eigentlich in der Istanbul-Konvention so vorgesehen. Dabei handelt es sich um einen Völkerrechtsvertrag, der 2018 auch in Deutschland in Kraft getreten ist.
In Eine Stunde Talk erzählt Asha Hedayati, was die Frauen erlebt haben, die zu ihr kommen, wie man diesen Frauen helfen kann und warum sie keine Richterin sein will.