AntisemitismusJudenhass in der Öffentlichkeit begegnen
Antisemitismus begegnet uns immer häufiger. Der Krieg in Israel und Gaza verstärkt das noch, die Emotionen kochen hoch, sagt der Pädagoge Burak Yilmaz. Er klärt über die extremen Denkmuster auf und fordert Sofortmaßnahmen für Schulen.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist längst auch nach Deutschland übergeschwappt. Nicht die Kämpfe, aber die Emotionen. Antisemitismus ist auch in Deutschland weit verbreitet. Nicht nur, aber sehr stark auch in migrantisch geprägten Familien, meint der Pädagoge und Autor Burak Yilmaz, der sich seit Jahren gegen Antisemitismus und Rassismus engagiert.
Er macht Theaterprojekte mit jungen Muslimen oder fährt mit ihnen nach Auschwitz. Er besucht Schulen, schreibt Bücher, berät Vereine und Politik. Und er hat uns erzählt, dass auch er erlebt, wie sehr die Emotionen zurzeit hochkochen.
Social Media stachelt Stimmung an
Burak Yilmaz sieht auch die Sozialen Medien als Brandverstärker. Denn dort werden viele problematische Beiträge geteilt. Verschwörungsmythen im Internet spielen eine ganz große Rolle bei der Verbreitung von Antisemitismus, so der Experte.
"Vor allem diese Schwarz-Weiß-Bilder, die Dämonisierung von Israel und den Israelis. Das ist wirklich schwierig aufzubrechen."
Burak Yilmaz hält es für wichtig, viele Gespräche zu führen und Beziehungsarbeit zu leiten. Auch, wenn er da eine große Hürde sieht. Denn nicht nur Jugendliche seien zurzeit sehr aufgestachelt, sondern auch Erwachsene, die stark auf ihrer Meinung beharren und keine andere zulassen würden. Deshalb hätten Jüngere zurzeit auch kaum die Chance, mit reflektierten Erwachsenen auf Augenhöhe zu diskutieren.
Biografiearbeit: Wo kommt Antisemitismus her?
Eine Möglichkeit, um Judenfeindlichkeit zu bekämpfen, sei es, deren Wurzeln zu begreifen und die eigene Biografie aufzuarbeiten, meint Burak Yilmaz. Also Fragen zu klären wie: Wer waren in meinem Umfeld Menschen, die Gerüchte über Juden erzählt haben? Wer hat die Stimmung angeheizt und Feindbilder geschaffen?
"Durch diese Biografiearbeit ist es wichtig, dass Jugendliche lernen, dass Antisemitismus nicht vom Himmel fällt."
Burak Yilmaz sagt, dass wir bestimmte Denkmuster erlernen – und zwar schon in der frühen Sozialisation oder im Freundeskreis. Jüngere seien zum Beispiel auch in Vereinen unterwegs, die Gerüchte und Stereotype teilen.
In Deutschland sieht er das Problem, dass beim Thema Antisemitismus mit dem Finger gerne auf andere gezeigt werde. Der Kampf gegen Judenfeindlichkeit sollte aber zuerst im eigenen Kopf beginnen.
Sofortmaßnahmen für Schulen
Vor allem an Schulen wird das Thema Antisemitismus immer größer. Um da gegenzusteuern, sollte es aus Sicht von Burak Yilmaz unbedingt Sofortmaßnahmen geben. Allerdings sollte die ganze Last nicht auf den Schultern der Lehrkräfte abgeladen werden. Vielmehr sollten sie Unterstützung erhalten. Das könnte so aussehen, dass Räume und Angebote geschaffen werden, um mit ihnen über ihre Gefühle zu sprechen. Aber auch über Methoden, um mit Konfliktsituationen umzugehen. Etwa: Wie reagiere ich, wenn in Gesprächen der Terror der Hamas verharmlost wird?
"Der Nahost-Konflikt gehört zur Lebenswelt deutscher Jugendlicher."
Der Nahost-Konflikt sei in den Köpfen vieler Menschen präsent, auch junge Leute werden damit konfrontiert. Judenhass und Antisemitismus zu begegnen, sei eine gesellschaftliche Aufgabe. Deshalb sieht Burak Yilmaz die Bildungspolitik in der Pflicht, für Hilfsangebote an Schulen zu sorgen.