Kanzlerkandidatin der GrünenAnnalena Baerbock: Emanzipation habe in der K-Frage eine Rolle gespielt
Nun ist es offiziell, Annalena Baerbock wird als erste deutsche Grünenpolitikerin versuchen, Bundeskanzlerin zu werden. Warum die Entscheidung allerdings auf sie und nicht den Parteikollegen Robert Habeck gefallen ist, verraten die Grünen, die sonst auf Transparenz pochen, nicht.
In die Geschichtsschreibung der Partei hat sie es schon mal geschafft: Annalena Baerbock ist die erste Kanzlerkandidatin, die die Grünen jemals aufgestellt haben. Ebenso wie bei der Union (bestehend aus CDU und CSU) hatten auch die Grünen zwei Kandidaten, die den Kanzler bzw. die Kanzlerin stellen könnten: Robert Habeck oder Annalena Baerbock.
Eine Frau gegen zwei Männer
Beide haben die Partei in den letzten drei Jahren als Team geführt. Warum es am Ende Annalena Baerbock geworden ist, das wollte die 40-Jährige bei der Pressekonferenz (19.04.2021) nicht verraten. Einzig das ließ sie durchblicken: Emanzipation habe eine große Rolle gespielt.
Im Vergleich zu den Kandidaten Olaf Scholz (SPD), den möglichen Kandidaten Armin Laschet (CDU) oder Markus Söder (CSU), aber auch zur seit 16 Jahren regierenden Kanzlerin Angela Merkel steht Annalena Baerbock für einen Neuanfang, sagt Klaus Remme, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondent in Berlin.
"Mit diesem auf Sicht fahren, oder 'das haben wir schon immer so gemacht', kommen wir nicht weiter."
Laut Wahlprogramm streben die Grünen unter anderem einen großen Umbau Deutschlands an. Dafür wollen sie zum Beispiel in die öffentliche Infrastruktur investieren. Finanzieren wollen sie das mit vielen Milliarden Euro Schulden.
Ziel: Ohne Regierungserfahrung ins Kanzleramt
Neuanfang kann aber auch als Euphemismus verstanden werden für "keine Regierungserfahrung", ein Punkt, der sie angreifbar macht, so unser Korrespondent. Diesen Aspekt habe Annalena Baerbock bei der Verkündung ihrer Kandidatur aber gleich offensiv angesprochen und versucht, daraus ein Alleinstellungsmerkmal zu machen.
"Ich war noch nie Kanzlerin, auch noch nie Ministerin. Ich trete an für Erneuerung, für den Status quo stehen andere."
Regierungserfahrung hätte ihr parteiinterner Konkurrent Robert Habeck mitgebracht. Unter anderem war er sechs Jahre stellvertretender Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Aus der Zeit weiß er auch, wie schwierig mitunter Koalitionsverhandlungen sein können. Und die könnten auf die Grünen und damit auf Annalena Baerbock zukommen. Aktuell liegt die Partei laut ARD-Deutschlandtrend bei 21 Prozent.
"Robert Habeck betont, dass er in den letzten drei Jahren mit Annalena Baerbock einen neuen politischen Führungsstil etabliert hat. So gesehen wird er jetzt Opfer dieses Führungsstils, der sehr auf Versöhnlichkeit basiert."
Robert Habeck: ein freundschaftlicher Verlierer
Bei der Pressekonferenz sagte er zur Entscheidung, Annalena Baerbock ins Rennen ziehen zu lassen: "Ich wollte immer das Macht und Führung so interpretiert werden, dass man aneinander wächst und sich nicht gegenseitig die Beine wegtritt." Und so lässt er Annalena Baerbock jetzt wachsen, tritt einen Schritt zurück, um ihr die Bühne zu überlassen, kommentiert Klaus Remme.
So oder so, Robert Habeck hat seiner Parteikollegin Unterstützung zugesagt. Nun muss die Union mit ihrem laut ausgetragenen Streit um die Kanzlerkandidatur zwischen Armin Laschet und Markus Söder in die Pötte kommen. Und dann kann er beginnen, der Run aufs Kanzleramt.