Angriffskrieg gegen die UkraineWie sich private Söldnertruppen für russische Ziele einsetzen
Um den Krieg gegen die Ukraine zu gewinnen, greift das Putin-Regime auf Dienste privater Kämpfer zurück. Die Söldner der Wagner-Gruppe unterstützen das Regime bei besonders brutalen und menschenverachtenden Operationen. Nun berichtet der britische Geheimdienst, dass die Gruppe durch eine neue Söldnertruppe ersetzt werden soll.
Laut Informationen britischer Geheimdienste plant das Putin-Regime den Aufbau weiterer Söldner-Truppen im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Verteidigungsministerium in London teilte mit, das Ziel sei demnach, die Wagner-Gruppe zu ersetzen.
Sarah Pagung, Russland- und Sicherheitsexpertin bei der Körber Stiftung, sagt, dass es für das Machtsystem Russlands wichtig sei, Konkurrenz zwischen verschiedenen Akteuren zu haben. "Das sorgt dafür, dass das System in Balance bleibt und dass kein Akteur zu stark wird, damit man sie dann gegeneinander ausspielen kann", erläutert Sarah Pagung. Darin könnte der Grund liegen, weshalb diese Meldung von Russland lanciert wurde. Ob wirklich etwas daran wahr ist oder ob es bewusst gestreut wurde, sei eine ganz andere Frage, so die Expertin.
Die Soldaten der Wagner-Gruppe, die russische Armee und die russische Regierung seien in dem Angriffskrieg auf die Ukraine aufeinander angewiesen.
"Insbesondere Wagner ist auf die russische Armee angewiesen. Die strukturelle Zusammenarbeit ist vorhanden."
Konkurrenz um die Aufmerksamkeit Putins
Der Grund, weshalb der Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, das russische Verteidigungsministerium öffentlich und sehr vehement kritisiert, sei, dass er aus der Schwäche der russischen Armee versucht, eigene Vorteile zu schlagen. Sarah Pagung erklärt: "Es ist eher eine Konkurrenz um die Aufmerksamkeit Putins oder der Führung. Damit versucht er sich selbst als besonders hilfreich oder wertvoll darzustellen."
Private militärische Unternehmen wie Wagner hätten in den vergangenen Jahren Dienste für Russland in Bereichen erledigt, in denen sich Russland nicht offiziell einbringen wollte. "Wenn Gruppen wie Wagner sich in Einsätzen wie zum Beispiel in Libyen oder Syrien engagiert, kann die russische Regierung die Beteiligung abstreiten. Das haben wir zum Beispiel schon im Krieg mit der Ukraine 2014 bis 2015 gesehen", so die Politikwissenschaftlerin.
Sabotage oder Terror gegen die Zivilbevölkerung
Einsätze von privaten Söldner-Truppen im Auftrag des russischen Regimes hätten häufig einen irregulären oder speziellen Charakter. "Es geht dabei um Sabotage oder Terror gegen die Zivilbevölkerung. Es sind gefährliche und teils auch äußerst brutale Einsätze", so Sarah Pagung.
"In der Ukraine kommt jetzt sicherlich neu hinzu, dass Wagner die Schwäche der regulären russischen Armee kompensieren soll."
Die Mitarbeiterin der Körber Stiftung spricht von einer Aufgabenteilung zwischen der Wagner-Gruppe und der Armee in von Russland initiierten Konflikten insofern, dass die Regierung der Bevölkerung sagen kann, dass es sich bei möglicherweise getöteten Soldat*innen nur um privat kämpfende handelt. Sarah Pagung beschreibt jedoch auch, "dass die russische Armee mit den Leben ihrer eigenen Soldaten sehr menschenverachtend umgeht."
Sarah Pagung sagt: "Wenn es um Operationen geht, bei denen es besonders viele Tote gibt, kämpfen vor allem Menschen, die aus Gefängnissen rekrutiert wurden. Der Trick ist hier, dass im Zweifel bei einer Tötung nach denen nicht stark gesucht wird." Insbesondere mit dieser Gruppe gehe die Wagner-Gruppe lapidar und sehr menschenverachtend um.
Der Umgang Russlands mit den eigenen Soldaten
Gesine Dornblüth, Journalistin mit Schwerpunkt auf Russland und Osteuropa, hat sich intensiv mit den russischen Soldaten beschäftigt und damit, wie das Land mit den Männern und ihren Angehörigen umgeht. Sie hat dabei erfahren, dass Soldaten oft kaum ausgebildet an die Front geschickt werden und dort dann auch direkt in den vordersten Reihen eingesetzt werden. Wenn sie sich weigerten, drohten ihnen lange Haftstrafen.
"Die Soldaten, die einberufen werden, im Rahmen der Mobilmachung, sollen eigentlich – auf dem Papier – erst einmal vorbereitet und ausgebildet werden, denn das sind ja meist Zivilisten. Das passiert aber oft nicht."
Angehörige bekommen meist wenig von den eingezogenen Männern mit, denn Smartphones sind komplett verboten und nur einmal pro Woche sei es erlaubt – unter Aufsicht Zuhause anzurufen.