Gegenschlag IsraelsTony: "Ich höre, wie die Raketen in den Gazastreifen einschlagen"

Tony (18) lebt momentan in der Nähe des Gazastreifens. Seit dem Großangriff der Hamas übernachtet er mit anderen Freiwilligen in einem Bunker. Er hat Angst, sagt er. Die Einheimischen helfen ihm aber, sich zu beruhigen.

Um 6.30 Uhr ging es los. Die Sirenen haben Tony geweckt. Tony kommt aus Deutschland, ist 18 Jahre alt und macht gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Israel in einem Kibbuz. Das ist eine Siedlung auf dem Land mit kollektiven Strukturen. Das Kibbuz, in dem Tony lebt, ist rund 30 Kilometer vom Gazastreifen entfernt.

Vom Gazastreifen aus hat die radikal-islamische Terrororganisation Hamas am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet. Seit dem Wochenende sind bereits mehr als 1000 Menschen getötet und tausende verletzt worden. Die Hamas hat zudem offenbar mehr als hundert Menschen aus Israel als Geiseln genommen und in den Gazastreifen verschleppt, darunter Frauen, Kinder und alte Menschen.

"Es ist das Verrückteste, was mir bisher passiert ist"

Im Gespräch mit Deutschlandfunk-Nova-Moderatorin Diane Hielscher erzählt Tony, wie es ihm seit dem Beginn des Großangriffs auf Israel geht und
wie er sich schützt.

Diane Hielscher: Wie hast du den Samstag erlebt, an dem der Angriff gestartet ist?

Tony: Es war ziemlich surreal. Ich und die anderen Freiwilligen wurden zwischen 6.30 Uhr und 7 Uhr von den Sirenen geweckt. Dann sind wir direkt in einen Raketenbunker gegangen.

Uns wurde gesagt, dass der Angriff schnell vorbeigeht. Wir haben mit den Einheimischen darüber geredet, und sie meinten, das geht in fünf Minuten wieder vorbei. Wir sind dann auch wieder rausgegangen, aber es ging immer weiter.

Ich bin zu einer Familie gekommen, die zu Hause einen Safe Room hat. Dort konnten wir im Haus bleiben. Wenn der Alarm losging, sind wir in den Safe Room gegangen. Von sieben Uhr bis zehn Uhr sind wir alle 10 bis 20 Minuten in den Safe Room gegangen.

Als die Abwehrraketen mit den anderen Raketen kollidiert sind, konnte man die schwarzen Rauchwolken sehen, wo die Raketen eingeschlagen sind.

Wie ist die Lage jetzt am Montagmorgen?

Die Lage hat sich beruhigt. Der letzte Alarm war am Samstagabend. Wir schlafen jetzt in Raketenbunkern. Man hört, wie die Raketen in den Gazastreifen einschlagen. Ich bin 30 Kilometer davon entfern und ich spüre das Vibrieren der Raketen, wenn sie einschlagen und ich höre das auch. Es haben aber keine Sirenen mehr geheult.

Gestern Morgen wurden Terroristen 15 Minuten von hier aufgehalten, das macht einem schon Angst. Aber die Raketen haben sich auf jeden Fall erst mal beruhigt.

Wie ist die Stimmung bei den Menschen aus Israel, mit denen du sprichst? Sie sind schon Vieles gewohnt, aber fühlt sich das jetzt noch Mal anders an?

Für mich ist es wahrscheinlich das Verrückteste, was mir in meinem Leben passiert ist. Auch für die Einheimischen ist es das Verrückteste, was hier passiert ist.

Sie versuchen, einen zu beruhigen. Natürlich haben sie Angst. Natürlich habe auch ich Angst, aber sie kümmern sich ziemlich gut um einen. Ich habe Freunde in Tel Aviv und Jerusalem, die nicht so viel Kontakt haben. Ich bin hier in einer Community und wir reden mit den Einheimischen, die sich damit auskennen. Das tut einem ziemlich gut.

Du hast gesagt, ihr seid insgesamt sechs Freiwillige und ihr fragt euch jetzt, ob ihr vor Ort bleiben oder nach Hause reisen wollt. Hast du eine Entscheidung getroffen oder wie wird es jetzt für dich weitergehen?

Man denkt ziemlich viel über die Frage nach. Ich habe mich dazu entschieden, dass ich heute und morgen abwarte und erst Mal noch hier bleibe, weil es zum Beispiel gerade keinen Raketenalarm mehr gibt.

Freunde von mir haben aber schon Flüge gebucht. Die Einheimischen hier haben sich noch nicht entschieden. Und ich werde die Lage auch erst einmal beobachten und mich in ein paar Tagen entscheiden, ob ich zurückfliegen werde.

Alles Gute, Tony. Pass auf dich auf. Danke für das Gespräch.