Mentale GesundheitNiederschwellige Hilfe: Beim Spazieren über die Psyche sprechen
Manchmal scheint der Weg, sich Hilfe zu suchen voller Hürden. In Leipzig gibt es deshalb Gruppentreffs, an denen alle teilnehmen können, die Sorgen und Ängst haben. Dort können sie ganz einfach mit anderen in Kontakt kommen und darüber sprechen.
Ängste, das Gefühl von Einsamkeit, Erkrankungen oder Krisen können sehr belasten. Dann kann es helfen, darüber zu sprechen. Manchmal kann die Suche nach einem Therapieplatz aber zusätzlich Kraft kosten und langwierig sein. Auch braucht es oft ein bisschen Mut, gleich eine Einzel- oder Gruppentherapie anzugehen.
Einfach zugängliche Hilfe bei Problemen und Sorgen
In Leipzig gibt es deshalb seit Anfang des Jahres zwei Angebote speziell für Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, die niederschwellig helfen, mit anderen in Kontakt zu kommen. Sie funktionieren ähnlich wie eine Selbsthilfegruppe, sind aber eher eine Art lockere, offene Vorstufe. Die Gruppentreffs in Leipzig blicken nicht auf ein konkretes Thema wie etwa Sucht oder Trauer. Es dürfen alle in dieser Altersgruppe kommen, die über jegliche Probleme oder Gedanken, die sie gerade belasten, sprechen möchten.
Neben dem "Komm-in-Kontakt-Café" gibt es eine Gesprächsgruppe im Park, die regelmäßig stattfindet. "Es ist eine Einladung an junge Menschen unter 35, sich zu treffen und sich über ihre Lebensthemen auszutauschen", sagt Sozialarbeiterin Franziska Leers. Sie arbeitet bei der Stadt Leipzig und betreut dort Selbsthilfegruppen.
Erster Schritt auf dem Weg, sich Hilfe zu holen
Einer der Teilnehmenden ist Alexander. Ihm fällt es schwer, mit anderen in Kontakt zu kommen, sagt er. Auch zur Gesprächsgruppe im Park zu kommen, war nicht einfach für ihn. Alexander hat seit mehreren Jahren Depressionen. Eine Therapie hat er schon mal angefangen und sie dann aber wieder abgebrochen.
Alexander ist einer von insgesamt sieben Teilnehmer*innen an diesem Tag. Sie alle sind zwischen 20 und Anfang 30. Die meisten von ihnen sind wie Alexander zum ersten Mal bei dem Treffen im Park dabei.
"Ich freue mich, dass ihr hierher gekommen seid, um für euch zu sorgen und vor allem mit anderen jungen Leuten, denen es vielleicht ähnlich geht wie euch, in Kontakt zu kommen."
Das Treffen ersetzt keine individuelle Beratung oder Therapie. Es soll vielmehr ein Schritt auf dem Weg dorthin sein, sich Hilfe zu holen. Zu Beginn leitet Sozialarbeiterin Franziska Leers eine Meditations- und Achtsamkeitsübung an. Im Anschluss teilen sich die Teilnehmer*innen in kleine Gruppen auf und gehen spazieren. Dann erzählen sie über sich – ganz frei.
Spazieren und sich frei austauschen
Die Gespräche drehen sich beim Großteil von ihnen um Depressionen. Manche der Teilnehmenden erzählen von einem Verdacht. Andere wie Alexander erzählen von ihrer Diagnose. "Ich habe die letzten zwei Jahre sehr viel funktioniert: zu Hause sein, Arbeit, zu Hause sein, Arbeit. Wenn ich mal Wochenende hatte, lag ich zwei, drei Tage auf der Couch und konnte nicht mehr", sagt er.
"Es ist schon viel damit gewonnen, dass man das Gefühl hat: Ich bin damit nicht alleine. Es gibt andere, denen es auch so geht."
Alexander möchte sich wieder einen Therapieplatz suchen. Katharina (Name geändert) wartet gerade auf das Erstgespräch für eine Psychotherapie. Sie erzählt davon, dass sie sich oft niedergeschlagen fühlt und überlegt, ihr Studium abzubrechen. Die lange Wartezeit auf einen Therapieplatz fühlt sich für sie wie ein Rückstoß an, sagt sie. Sie wünscht sich eine schnellere Hilfe in akuten Situationen.
Mit anderen in Kontakt kommen
Nach einer halben Stunde spazieren kommen alle wieder in der großen Runde zusammen. Einige tauschen Nummern aus, andere wollen nächstes Mal wiederkommen. Die Gesprächsgruppe findet jede zweite Woche statt. Das Treffen im Café einmal im Monat.
Beschäftigen dich bestimmte Dinge im Moment sehr? Hast du das Gefühl, in einer Situation zu stecken, die du nicht alleine klären kannst? Du weißt nicht mehr, wie es weitergehen soll? Hier findest du einige anonyme Beratungs- und Seelsorge-Angebote.