AnatomieVon Körperhandel, Körperspenden und Sektionen
Wie funktioniert der Körper? Seit wann werden die Körper verstorbener Menschen geöffnet, untersucht und erforscht? Und was genau soll eine Körperspende sein? Der Anatom Markus Kipp nimmt uns mit in die Geschichte(n) der Sektion.
Markus Kipp wollte eigentlich nie Anatom werden. Sein Wunsch war es, einmal Koch zu sein. Aber seine Eltern waren dagegen. Dann ist es sein zweiter Wunsch geworden: ein Medizinstudium – ursprünglich mit dem Ziel, lebendige Menschen zu behandeln. Markus Kipp sagt, niemand nimmt ein Medizinstudium auf, um am Ende an sterblichen Überresten zu forschen. Spannend und sinnvoll sei diese Arbeit aber allemal.
"Der menschliche Körper steht als Lehr- und Studienobjekt im Vordergrund, der Mensch tritt in den Hintergrund."
In seinem Vortrag schlägt er einen großen Bogen zurück zu den Anfängen der Sektion, also der inneren Untersuchung eines Verstorbenen: das war vor fast 2000 Jahren im antiken Griechenland. Dort fing Galenus von Pergamon an, sich für die Innenseite menschlicher Körper zu interessieren. Er studierte in Alexandria und behandelte später als Arzt die Verletzungen verwundeter Gladiatoren.
Geschichte der Anatomie
Anatom Markus Kipp beschreibt auch die Schwierigkeiten in späteren Jahrhunderten, anatomisch arbeiten zu können: Sektionen waren verpönt. Im Großbritannien des Jahres 1752 wurden die Leichen von zum Tode verurteilten Mörder entweder der öffentlichen Zersetzung ausgesetzt oder einer öffentlichen Sektion. Sie schrieben noch zu Lebzeiten Bittbriefe, um das Letztere möglichst auszuschließen.
Das Beschaffen von Leichen für anatomische Institute wurde Ende der 1820er-Jahre zum kriminellen Geschäftsmodell von William Burke und William Hare in Edinburgh. Sie töteten Gäste in Hares Pension, um deren Leichen zu verkaufen. Die dabei angewandte Erstickungsmethode wird in der Rechtsmedizin bis heute als "Burking" bezeichnet.
"Es muss eine persönliche Entscheidung sein, getroffen aus vollstem Bewusstsein. Es darf keine Entscheidung der Angehörigen sein."
Heute gibt es ein etabliertes Körperspendewesen: Wer will, darf seinen Körper für die wissenschaftliche Ausbildung und Forschung spenden. Dabei gilt allerdings: Organspende geht vor Körperspende.
Markus Kipp ist Direktor des Anatomischen Instituts in Rostock. Seinen Vortrag "Von Körperspenden, Körperhandel und Sektionen - Die Geheimnisse eines Anatomen" hat er am 18. April 2024 im Anatomie-Hörsaal der Universitätsmedizin Rostock gehalten, im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften. Erfreulicherweise durften wir vom Hörsaal diesen Vortrag präsentieren – schönen Dank dafür!