AltersvorsorgeDas Problembewusstsein fehlt
Das Thema Altersvorsorge und Rente schieben Studenten oder Berufsanfänger allzu gerne auf die lange Bank. Doch Vorsorge ist wichtig, gerade weil aus der gesetzlichen Rentenkasse immer weniger kommt. Aber warum tun wir uns so schwer damit, das Problem anzugehen?
Der Vorsorgeatlas zeigt: Werden gesetzliche, betriebliche und private Rente zusammengerechnet, erhalten die heute 20- bis 35-Jährigen im Rentenalter 69 Prozent ihres letzten Einkommens. Fast das Gleiche bekommen die aktuell 50- bis 64-Jährigen schon alleine aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Dennoch, 69 Prozent, das klingt erst mal nach gar nicht so wenig. Oder stimmt das nicht? Das kommt natürlich darauf an, welchen Lebensstandard der Einzelne hat und wie hoch das Einkommen vor dem Ruhestand war, sagt Michaele Völler, Mathematikern am Institut für Versicherungswesen an der TH Köln.
"Wenn ich im letzten Jahr vor dem Ruhestand sowieso schon kaum freies Geld hatte, um mir was zu leisten, dann ist es schlimm, wenn ich auf 70 Prozent runter gehe."
Typischerweise haben die Leute nicht so viel frei verfügbares Geld, sagt Völler. Der Verzicht von 30 Prozent schmerzt dann schon sehr.
Frühe Vorsorge wichtig
Nur aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten die heute 20- bis 35-Jährigen gerade mal 39 Prozent des letzten Einkommens. Völler rät dazu, möglichst früh vorzusorgen und nicht erst im letzten Jahrzehnt des Berufslebens damit anzufangen.
"Je früher man anfängt vorzusorgen, desto komfortabler ist das Polster am Ende. Und wenn man früh anfängt, muss man pro Jahr auch viel weniger zurücklegen."
Nur wenige jungen Menschen sorgen so vor, wie sie das tun sollten. Aber woran liegt das? Völler hat darüber geforscht. Bei den unter 30-Jährigen hat sich gezeigt: "Schon das Problembewusstsein bei den jungen Leuten ist nicht da", sagt sie. Und weiter: "Allen war abstrakt bewusst, dass die gesetzliche Rente nicht ausreicht. Nichtsdestotrotz haben weniger als die Hälfte dafür einen eigenen Handlungsbedarf abgeleitet."
Drei Hauptründe haben Völler und ihre Kollegen für das fehlende Problembewusstsein bei jungen Menschen ausfindig gemacht:
- Überforderung wegen Komplexität und Informationsflut
- Konsumlust und Geldknappheit
- Fehleinschätzung: Das Alter ist noch weit entfernt
Allzu viel Forschung zu dem Thema gibt es aber noch nicht. Jahrelang hat die gesetzliche Rente gereicht. Die heute 20- bis 35-Jährigen sind eine der ersten Generationen, die sich selbst um ihre Vorsorge kümmern muss.
Mehr Wahrnehmung schaffen
Junge Menschen sollten sich klarmachen, "dass man nicht in der Nähe davon ist, dass was man zum Schluss verdient hat, nachher auch im Rentenalter zu bekommen", sagt Völler.
"Das ist schon der erste Schritt. Dass man sieht, ich hab konkret so wenig Geld, wenn ich nicht privat vorsorge, dass ich mich sehr stark einschränken muss im Alter. Und dass ich jetzt was tun muss."
Wie falsch Risiken eingeschätzt werden, zeigt ein Selbsttest der Technischen Hochschule Köln, den Völler sehr empfiehlt: "Über diesen spielerischen Selbsttest sieht man ganz schnell, o.k., meine Intuition ist falsch. Ich muss mich da schon gut informieren und auch den Rat von Experten trauen."
- Union Investment Vorsorgeatlas Deutschland 2017 | Der Vorsorgeatlas 2017 von Union Investment und dem Forschungszentrum Generationenverträge der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg