Allergische ReaktionenWenn Allergien tödlich sein können
Jeder dritte Deutsche ist mindestens einmal im Leben von einer allergischen Erkrankung betroffen, schreibt das Robert-Koch-Institut. Auch unser Kollege Daniel Stender ist Allergiker, so richtig ernst genommen hat er das aber lange Zeit nicht.
Es fängt schon bei der Sprache an, ein Wort wie "Heuschnupfen" klingt wie ein kleiner Husten, irgendwie nicht so schlimm. Aber auch Heuschnupfen kann einen wirklich umhauen, sodass man besser im Bett bleibt, bis eine bestimmte Baumart nicht mehr blüht. Aber: Wer macht das schon?
Allergiker werden nicht immer so ernst genommen wie ihre Krankheit wirklich ist, findet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Daniel Stender. Er hat mit dem Verzehr von Walnüssen eine Erfahrung gemacht, auf die er gerne verzichtet hätte. Bei einem arabischen Schnell-Restaurant in Heidelberg hat er vor ein paar Jahren eine Soße mit Walnüssen gegessen – und darauf hat er heftig allergisch reagiert.
"Ich habe damals nicht nach Walnüssen im Essen gefragt. Mittlerweile frage ich immer. Überall. Denn was eine halbe Stunde nach dem Spezial-Teller kam, das hätte ich auf jeden Fall gern nicht erlebt."
Daniel bekam damals einen hochroten Kopf, Pusteln am Hals und im Gesicht. Er hat geschwitzt und schwer geatmet, er hatte Magenkrämpfe: Ein allergischer Schock. Es sei etwa so, als würde man innerhalb einer halben Minute sehr hohes Fieber bekommen.
"Das ist in etwa so als würdest du innerhalb einer halben Minute sehr hohes Fieber bekommen. Und das alles während ein sehr schwerer Typ auf dir sitzt und dir den Hals zudrückt."
Zum Glück war in der Nähe eine Apotheke, in der Daniel dann ein Gegenmittel mit Cortison bekommen hat. Ungefähr eine dreiviertel Stunde saß er zitternd dort, bis das Mittel gewirkt hat und die Symptome nachließen.
Seit diesem Erlebnis fragt er immer nach Walnüssen und hat für den Notfall auch immer ein Gegenmittel in der Tasche. Außerdem hat er viel über Allergien gelernt. Zum Beispiel, dass sie sich mit der Zeit verändern können sich mit der Zeit, sie können schwächer, aber eben auch stärker werden. Als Kind hat Daniel nicht so krass auf Walnüsse reagiert, da hatte er vielleicht ein leichtes Kratzen im Hals.
Allergischer Schock: Zitteranfälle, Schweißausbrüche, blau-grünes Gesicht
Tim, ein Bekannter von Daniel hat eine Allergie gegen Hühnereiweiß. Seine Schleimhäute schwellen dann an, die Augen tränen, er sieht dann nichts mehr. Sein Gesicht wird blau und grün, als wäre er in eine Schlägerei geraten. Tim bekommt Zitteranfälle, Schweißausbrüche und muss dann zusehen, dass er das Ei so schnell wie möglich aus seinem Körper rausbekommt, weil es lebensbedrohlich werden kann.
Das Eiweiß muss so schnell wie möglich raus
Tim trinkt dann so viel, wie es geht, um es zu verdünnen, und er steckt sich den Finger in den Hals, um so oft zu kotzen, wie es geht. Damit das Ei aus dem Körper rauskommt. Das Problem bei Tim ist: Schon kleine Spuren reichen, um die allergische Reaktion auszulösen und es ist fast überall drin. Im Restaurant muss er immer vorher fragen, was den vorher in der Bratkartoffel-Pfanne gebraten wurde.
"Wenn da ein Spiegelei drin war und die Pfanne wurde nicht richtig gesäubert, dann reicht es schon aus für eine allergische Reaktion."
Prinzipiell ist es so, dass Allergene gekennzeichnet werden müssen, auf den Packungen steht dann so etwas wie "kann Spuren von Walnüssen" enthalten. Das Problem: auch das ist keine Garantie. Gerade in Restaurants. Bei Mahmoud, dem arabischen Restaurant in Heidelberg, achten sie auf Allergene im Essen, sagt der Restaurantbesitzer selbst. Trotzdem gebe es keine absolute Sicherheit. Mahmoud erinnert sich an ein Erlebenis mit einem Kunden:
"Wir benutzen zum Beispiel nie Erdnuss. Und ein Kunde hat mich explizit gefragt und ich habe gesagt: Nein, es gibt keine Erdnuss. Danach hat er Hummus gegessen, da ist halt nur Kichererbse drin, mit Sesampaste und Salz. Und Zitronensaft, mehr nicht. So. Und dann hat er einen Anfall bekommen und gesagt, irgendwo muss Erdnuss drin sein. Nein, es gibt keine Erdnuss. Ich war davon überzeugt und dann habe ich überlegt, es könnte von der Sesampaste sein. Und dann habe ich den Hersteller angerufen, irgendwo im Ausland und dann hat er gesagt: Da ist Erdnuss drin." Seitdem hat sich Mahmoud einen absolut erdnussfreien Zulieferer gesucht.
"Ich sag dann immer: ich kratz mich nicht nur ein bisschen, ich kann dran sterben. Und wenn ich hier nur Spuren von Ei erwische, dann kann es dazu führen, dass ein Krankenwagen bestellt werden muss."
Tim hat gelernt, dass er sehr direkt werden muss, wenn er sicher essen gehen will und malt im Restaurant oder im Imbiss dann ein kleines Schreckensszenario aus, damit die Menschen verstehen, dass eine allergische Reaktion beim ihm nicht bedeutet, dass er sich mal ein bisschen kratzen muss, sondern wirklich sterben kann. Spätestens dann würden alle in die Küche rennen und alles in Bewegung setzen, dass es geklärt wird. Aber ein kleines Restrisiko bleibt eben immer.