Ehemalige Alkoholabhängige Nathalie Stüben"Es fühlt sich toll an, ohne Kater aufzuwachen"
Nathalie Stüben hat sich jahrelang immer wieder abgeschossen. Ihr Alkoholproblem wollte sie lange Zeit nicht so richtig wahrhaben. Bis etwas zerreißt.
Auf dem Boden neben dem Bett hätte damals ihr zerrissenes Lieblingskleid gelegen, und das hätte für Nathalie den Ausschlag gegeben. In dem Moment habe sie entschieden, dass sich etwas ändern müsse. Das war am 18. Juli 2016. "Seitdem habe ich nichts mehr getrunken", sagt sie.
"Ich konnte mir ein Leben ohne Alkohol nicht vorstellen."
Im Elternhaus gehörte das Glas Wein dazu
Bis dahin hatte Nathalie schon einen langen Weg hinter sich, auf dem Alkohol schon früh eine Rolle spielte. In ihrem Elternhaus gehörte das gute Glas Wein am Abend einfach dazu. "Mir war klar, wenn ich erwachsen bin, dann trinke ich auch Wein." Genau das hat Nathalie dann auch gemacht, und zwar schon, als sie zwar noch nicht erwachsen war, sich aber erwachsen fühlen wollte.
Nathalie bleibt auch beim Wein, verträgt davon aber einiges. Sie feiert, trinkt, testet ihre Grenzen aus und bekommt gleichzeitig ihren Alltag relativ gut auf die Reihe. Sie macht Abitur und schließt ihr Studium mit sehr guten Noten ab. Möglicherweise ist auch das mit ein Grund dafür, warum Freundinnen und Freunde sie nicht auf ihren Alkoholkonsum ansprechen.
"Ich habe gelogen und betrogen."
Außerdem entwickelt Nathalie Strategien, die ihren wirklichen Konsum verschleiern. Sie glüht zum Beispiel allein vor, bevor sie mit anderen feiert. Oder sie inszeniert sich im Journalismus-Studium als diejenige, die vor allem mit Alkohol kreativ texten kann. "Das war auch noch richtig deep", sagt sie. Dass sie ein Problem hat, wollte sie da noch nicht wirklich sehen.
"Ich wusste nicht, wie der Abend endet."
Dabei sind Wege, wie der von Nathalie, gar nicht so selten. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben zum Beispiel im Jahr 2018 in Deutschland 6,7 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 gesundheitsgefährdende Mengen Alkohol zu sich genommen. 1,6 Millionen Menschen davon gelten als abhängig. Auch Nathalie zählte irgendwann zu der Gruppe der Süchtigen.
Aufwachen ohne Erinnerung
Nach und nach verliert sie die Kontrolle. Es gibt immer wieder Nächte, an die sie sich nicht erinnern kann. Mal wacht sie mit einem abgebrochenen Zahn auf, mal mit einem gebrochenen Zeh. Außerdem bekommt sie immer wieder Textnachrichten von Freundinnen und Freunden, die ihr erzählen, was sie in der Nacht davor gemacht hat.
"Das war am Anfang noch witzig", sagt Nathalie. "Als es zum Beispiel darum ging, mit wem ich geknutscht habe." Als es dann aber auch mal um eine Beule im Auto ging, sei das deutlich weniger witzig gewesen. "Ich hatte die Ahnung, dass irgendwann etwas ganz Schlimmes passiert."
Heute unterstützt Nathalie Andere bei ihrem Weg aus der Sucht
Als sich Nathalie schließlich im Sommer 2016 dazu durchringt, nüchtern zu werden, sucht sie ihren eigenen Weg. Mittlerweile hat sie einen Podcast, unterstützt andere auf dem Weg aus dem Alkohol-Problem und hat ein Buch geschrieben: Ohne Alkohol, die beste Entscheidung meines Lebens.
"Ich habe heute keine Freunde mehr, die trinken."
Im Deep Talk mit Sven Preger spricht Nathalie Stüben darüber, wie sie es geschafft hat, nüchtern zu werden, was möglicherweise auch anderen helfen kann und wieso in unserer Gesellschaft immer noch viel getrunken wird.
Hilfe!
Wenn Du überprüfen willst, ob Dein Verhältnis zu Alkohol möglicherweise problematisch ist, oder wenn Du Hilfe brauchst, dann hilft zum Beispiel die Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Kenn Dein Limit. Oder du klickst hier, und suchst dir aus den Anlaufstellen, die wir für sich zusammengesucht haben, die richtige für dich raus.