DIY-AlignerZahnkorrektur zum Selberbasteln
Bei Facebook und Instagram wird gerade für das perfekte Lächeln geworben – mit geraden, strahlenden, weißen Zähnen. Ganz einfach soll das sein, mithilfe eines selbst gebastelten Aligners. Und mit dem Versprechen, dafür kein einziges Mal zum Zahnarzt oder Kieferorthopäden gehen zu müssen. Unsere Reporterin Rebekka Endler hat sich angeschaut, wie das funktionieren soll und ob es rechtens ist.
Ein Aligner ist eine durchsichtige Schiene, die die Zähne begradigen soll. Um so eine Zahnspange selber zu basteln, braucht es nicht viel: Hände waschen, Zähneputzen, Handschuhe an – Silikonmasse kneten, zubeißen, warten. Und dann haben wir den Abdruck von unserem Gebiss. Kann das wirklich jeder selber machen? "Wahrscheinlich ja. Da muss man natürlich sehen, wer das hinbekommt und wie. Aber das ist jetzt keine Raketenwissenschaft", sagt der Zahnarzt Alexander Spassov.
Mit diesem Zahnabdruck und Fotos basteln verschiedene Anbieter dann die passende Zahnschiene, so versprechen sie. Zum Arzt muss man nicht und es soll auch viel günstiger sein als in einer Praxis. Die Bundesärztekammer findet das problematisch und meint, so eine Art der Selbstbehandlung müsse unterbunden werden.
"Gerade Zähne heißt nicht ein erfolgreiches und glückliches Leben."
Alexander Spassov ist Facharzt für Kieferorthopädie und hat eine Praxis in Greifswald. Er setzt sich für evidenzbasierte Medizin ein und gegen kieferorthopädische Überversorgung. Den Trend zu Alignern betrachtet er eher pragmatisch.
Nach Abwägen von Kosten, Dauer und Risiken entscheiden sich viele für ihre schiefen Zähne
Für ihn ist es wichtig, dass Patienten gut aufgeklärt sind, bevor sie eine Behandlung starten. Wenn jemand in seine Praxis kommt, mit dem Wunsch nach schönen und geraden Zähnen, klärt er den- oder diejenige zunächst über Kosten, Risiken, Behandlungsdauer und Alternativen auf. Und nicht selten würden sich die Menschen nach vollständiger Aufklärung dafür entscheiden, dass sie auch gut mit ihren schiefen Zähnen leben können. Eine Zahnkorrektur kann unter Umständen nämlich sehr lange dauern und dementsprechend teuer werden. Der Kieferorthopäde sagt: Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und die Patienten sich dann für einen Aligner entscheiden, dann sei das eine gute Wahl.
Allerdings: Für Alexander Spassov steht es außer Frage, dass auch die Behandlung mit einem Aligner durch einen Zahnarzt oder einen Kieferorthopäden durchgeführt werden muss. Das sei so im Zahnheilkundegesetz vorgesehen.
Das Zahnheilkundegesetz
Im Zahnheilkundegesetz § 1, Punkt 3 heißt es: "Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen."
"Das Zahnheilkundegesetz gibt es ja deswegen, damit nur qualifizierte Menschen eine bestimmte Tätigkeit ausüben. Also die Zahnmedizin."
Der Gesetzgeber will die Bürger damit vor Fehlbehandlungen durch Unqualifizierte schützen. Stellt sich die Frage, ob so ein DIY-Einsatz von Alignern als medizinischer Eingriff gilt oder nicht. "Wenn man sich ausschließlich damit selbst versorgen sollte, ohne dass ein Zahnarzt seine Einschätzung dazu abgibt, dann wäre es keine medizinische Behandlung", sagt der Rechtsanwalt Tim Oehler.
Der Rechtsanwalt gibt aber zu bedenken, dass normalerweise zunächst ein Zahnarzt um Rat gefragt werde, ob eine Zahnfehlstellung vorliegt, die mit einer Aligner-Schiene behoben werden kann. Allein das Feststellen, ob eine Korrektur notwendig und möglich ist, sei bereits eine medizinische Behandlung.
"Nach meiner Auffassung ist das mindestens grenzwertig, weil man hier dem Patienten möglicherweise vorspielt, dass eine solche Behandlung sehr gefahrlos über die Bühne gehen kann und völlig unproblematisch ist."
Der Rechtsanwalt Tim Oehler findet es problematisch, wenn DIY-Aligner angeboten werden mit dem Slogan, dass kein Besuch beim Zahnarzt oder Kieferorthopäden notwendig sei. Das liege dann nämlich im Bereich der "Fernbehandlung". Und die sei nach dem Heilmittel-Werberecht unzulässig.
Außerdem weiß der Rechtsanwalt aus anderen Fällen, dass es bei der Zahnkorrektur zu unerwünschten Nebeneffekten in Mund und Kiefer kommen kann. Er kennt den Fall, wo sich Zahnwurzeln verschoben und den Patienten große Probleme bereitet haben. Deswegen sei es seiner Meinung nach grenzwertig, DIY-Aligner anzupreisen, ohne auf mögliche Gefahren hinzuweisen.
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