Alan KurdiDer Junge am Strand
Wenn Flüchtlinge keinen anderen Ausweg sehen als über das Meer zu fliehen, sind auch die potenziellen Einreiseländer dafür verantwortlich, weil sie die Einreise über Land blockieren. Ganz Europa wurde vor zwei Monaten von einem Foto daran erinnert. Ein Foto eines toten dreijährigen Jungen am Strand.
Die Süddeutsche Zeitung hat das Foto des toten dreijährigen Alan Kurdi am Strand nicht veröffentlicht. Die Bild-Zeitung dagegen schon. Und obwohl sich einige Medien dafür entschieden haben, das Bild nicht zu zeigen: Es ist um die ganze Welt gegangen.
"Es ist so, dass das Bild die ganze Geschichte des Flüchtlingselends erzählt. Es ist kein Badeunfall, sondern die Folge von Flucht, Vertreibung und Krieg."
Alan Kurdi liegt am Strand. Eine kurze blaue Hose, ein rotes T-Shirt, sein Gesicht im nassen Sand, von sanften Wellen umspült.
Die türkische Fotografin Nilüfer Demir hat diesen Moment am Strand von Bodrum am 2. September 2015 eingefangen.
"Das einzige, was ich für ihn tun konnte, war den verstummten Schrei seines leblosen Körpers hörbar zu machen. Und das konnte ich nur durch ein Bild von ihm. Und dann habe ich das Bild gemacht."
Gegen Mittag bekommt das Ausland von den Bildern bei Twitter mit. Als erste europäische Zeitungen sind es die englischen wie der Guardian, die das Bild des toten Jungen groß im Internet zeigen. In Deutschland ist die Presse zögerlicher - und auch empfindlicher, sagt Sven Gösmann, Chefredakteur der Deutschen Presseagentur. Lange wird diskutiert: Will und darf man so ein Foto von einem ertrunkenen Kind zeigen?
"Wenn ich das Bild einem Menschen zeige, der nicht mitbekommen hat, was los ist, dann sieht er in erster Hinsicht den Tod. Aber er sieht den Kontext ja nicht in dem Bild. Er sieht die Bedrohung nicht. Er sieht nicht, dass das Kind geflüchtet ist."
Der Junge am Stand - er ist jetzt schon zu einer fotografischen Ikone als Symbol für die Folgen von Flucht und Vertreibung geworden. Manche sehen Parallelen zum berühmten Bild, das das fliehende Mädchen Phan Thi Kim Phuc im Vietnam-Krieg zeigt.