AfghanistanDauerhafter Krisenherd am Hindukusch
Vor zwanzig Jahren startete die sogenannte "Operation Enduring Freedom" – und damit ein "Krieg gegen den Terrorismus", der vor allem in Afghanistan stattfand. Von andauernder Freiheit kann dort bis heute nicht die Rede sein. Nach dem Abzug der westlichen Truppen diesen Sommer steht das Land im Grunde vor den gleichen Problemen wie 2001. Wie konnte das kommen?
7. Oktober 2001: Präsident George W. Bush tritt vor die Kameras des US-amerikanischen Fernsehens und verkündet den Beginn der von einer UN-Resolution gestützten "Operation Enduring Freedom" ("Operation Andauernde Freiheit") in Afghanistan.
"Wir verteidigen die Freiheit überall, damit Kinder frei von Angst aufwachsen können", sagt er dem amerikanischen Volk und fügt hinzu, dass die US-Streitkräfte damit begonnen hätten, "Al-Qaida-Trainingscamps und militärische Einrichtungen des Taliban-Regimes in Afghanistan zu bombardieren."
Operation Enduring Freedom: Bomben im Namen der Freiheit
Dennoch soll es eine große Friedensmission sein, mit der die Gefahr durch islamistischen Terror bekämpft werden soll. Rund einen Monat zuvor waren die USA und die übrige Welt durch die Anschläge auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Washington aufgeschreckt worden, nun soll der Terror durch eine stabile und demokratische Ordnung in jenem Land bekämpft werden, das die Geheimdienste als Rekrutierungsbecken für Terroristen ausgemacht haben.
In Afghanistan herrscht zu diesem Zeitpunkt Bürgerkrieg, seit einigen Jahren bekämpfen sich radikalislamische Gruppen – unter ihnen die Taliban, denen es gelungen ist, die Kontrolle über weite Teile des Landes zu erlangen. Sie erlassen Gesetze, die den extrem strengen Regeln der Scharia folgen. In diesem "göttlichen" Rechtssystem gelten strenge Vorschriften: Dieben wird die Hand abgeschlagen, Frauen dürfen das Haus nur vollverschleiert verlassen und Ehebrecher werden gesteinigt.
Es geht bei "Enduring Freedom" aber nicht so sehr um die islamistische Gesetzgebung, sondern um die Terrorgruppe Al-Qaida und dessen Anführer Osama bin Laden. Er war als Drahtzieher der Anschläge des 11. September 2001 ausgemacht worden. Ihn zu töten und Al-Qaida damit entscheidend zu schwächen, war erklärtes Ziel der militärischen Intervention in Afghanistan.
Enduring Freedom schwieriger als gedacht
Aber bald wird klar, dass die Operation sich viel schwieriger und langwieriger gestaltet als angenommen. Im Frühjahr 2003 übernimmt die Nato mit der "International Security Assistance Force" (ISAF) das Kommando und verlagert den Schwerpunkt des Einsatzes auf eine Stabilisierung des Landes und die Unterstützung des Übergangspräsidenten Harmid Karzai.
Als die Nato-Truppen im Sommer 2021 das Land eilig verlassen, steht es nahezu wieder vor den gleichen Problemen, die es auch schon 2001 hatte: Radikale Taliban haben das Kommando übernommen, das Land hat enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten und ist auf internationale Hilfe angewiesen.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Bonner Konfliktforscher Conrad Schetter erläutert die Lage in der Zeit zwischen dem Ende der Republik Afghanistan 1978 und dem Abzug der Roten Armee 1989.
- Die Geschäftsführerin des Zentrums für internationale Friedenseinsätze Almut Wieland-Karimi schildert den Aufstieg der Taliban und anderer islamistischer Gruppen in Afghanistan.
- Der Asienexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Christian Wagner, wagt einen Blick auf Gegenwart und Zukunft Afghanistans.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erinnert an die religiösen Prägungen, die Afghanistan seit dem 7. Jahrhundert erfahren hat.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kristin Mockenhaupt berichtet über den Beginn der Mission Enduring Freedom.