Ächz!Wenn wir jung sind und uns alt fühlen
Manchmal fühlt sich Salma alt, obwohl sie erst 22 ist. Ihr Rücken fühlt sich an, als ob sie 45 sei, und ihre jüngeren Geschwister sagen ihr, dass sie cringe ist, weil Salma bei manchen Trends außen vor ist. Welches Alter in unserer Gesellschaft als ideal gilt und wodurch wir uns älter oder jünger fühlen, weiß Psychologin Eva Asselmann.
Dass sie älter wird und sich auch älter fühlt, merkt Salma an vielen unterschiedlichen Dingen. Teenies siezen Salma häufiger, und das tue schon etwas weh, sagt die 22-Jährige. Der gelegentlich Versuch, Jugendsprache anzuwenden, fühlt sich für Salma meist merkwürdig an.
"Von meinen drei jüngeren Geschwistern muss ich leider sehr oft hören, dass ich cringe wäre. Da merke ich, das ist ein Zeichen, dass ich älter werde."
Und Salmas jüngere Geschwister verwenden ganz andere Emojis als sie selbst: Wenn Salma eine lustige Nachricht aufs Handy bekommt, antwortet sie mit dem Emoji, das vor Lachen weint. Salmas Geschwister wiederum verschicken in solchen Fällen ein Totenkopf-Emoji. So merkt Salma an vielen alltäglichen Kleinigkeiten, dass sie sich weiterentwickelt hat, etwas reifer ist als ihre Geschwister – und demzufolge auch älter geworden ist.
"Einerseits hat es Vorteile erwachsen sein, andererseits möchte man auch an seiner Jugend festhalten und denkt sich, ich benutze doch auch Social Media und kenne die aktuellen Trends."
Es sind nicht nur die Reaktionen ihrer Umgebung, die Salma zeigen, dass sie kein Teenie mehr ist. Auch ihr Körpergefühl ändert sich stetig – besonders alt fühlt sie sich, wenn ihr Rücken schmerzt. Und auch ihre Prioritäten haben sich auf eine Art geändert, mit der Salma nicht gerechnet hatte: Sie zieht einen Abend mit ihrer Familie inzwischen dem Ausgehen mit Freunden vor. Und: Sie macht sich mehr Gedanken über Berufliches und ihre Existenz. Diese Veränderung an sich selbst zu beobachten, findet Salma gut.
Auch was Freundschaften angeht, haben sich Salmas Prioritäten geändert. Sie legt inzwischen mehr Wert darauf, "qualitativ hochwertige" Beziehungen zu führen.
Was einen Einfluss darauf haben kann, wie alt wir uns fühlen
Als Gesellschaft haben wir eine ganz klare Vorstellung vom idealen Alter, sagt die Psychologin Eva Asselmann. Es ist das junge Erwachsenenalter, also die Blüte unseres Lebens, sagt sie. Oft neigen viele von uns auch dazu, diese Zeit rückblckend zu verklären. Dann kann es helfen, sich zu fragen, was man schon alles erreicht hat und was möglicherweise jetzt besser ist als in früheren Jahren.
Am Jungsein festhalten wollen
Jugendliches Aussehen wird positiver gewertet, wodurch viele danach streben, möglichst lange jung auszusehen und jung zu wirken. Aber auch Kinder und Jugendliche streben nach dem als ideal empfunden Alter, sagt Eva Asselmann. Sie freuen sich jedes Jahr darüber, ein Jahr älter zu werden und oft auch darüber, wenn sie älter geschätzt werden, als sie sind.
"Ich kann mir bewusst überlegen, warum ich Angst vor dem Älterwerden habe. Für viele Menschen ist es das Thema Vergänglichkeit. Wir wollen immer jung bleiben und dass uns das Leben unendlich offen steht."
Obwohl wir anhand von sich verändernden Reaktionen auf uns merken, dass wir älter werden, fühlen wir uns innerlich über weite Strecken unseres Lebens immer gleich alt, sagt die Psychologin. Wie jung wir aussehen und wie fit wir uns fühlen, kann einerseits beeinflussen, wie alt wir uns fühlen. Andererseits kann es auch eine Rolle spielen, wie alt die Menschen sind, mit denen wir viel Zeit verbringen. Großeltern, die viel Zeit mit ihren Enkeln verbringen, können sich durchaus auch jünger fühlen als andere, die das nicht tun, sagt die Psychologin.
"Es wirkt häufig authentischer und stärker, wenn wir akzeptieren, wie alt wir nun mal sind, dazu stehen und uns entsprechend verhalten."
Eva Asselmann sieht auch die Vorteile des Älterwerdens. Ihre eigene Erfahrung zeigt ihr, dass sie sich gefestigter fühlt und sich zum Beispiel selbst nicht mehr beweisen muss, dass sie auch auf Partys gehen und feiern kann. Sie sagt, sie wisse besser, wer sie ist und was zu ihr passt.
Wir können unser Leben bewusster gestalten, wenn wir uns früh überlegen, wie denn unsere Leben gewesen sein soll, wenn es mal vorbei ist, empfiehlt die Psychologin. Das kann auch dabei helfen, dass wir uns besser für unsere Ziele, Visionen und Wünsche einsetzen und unser Leben bewusster gestalten können, sagt Eva Asselmann.