AsylGriechische Regierung will Universitätsasyl abschaffen
Universitätsasyl – das gibt es wirklich nur in Griechenland. Die Staatsgewalt, zum Beispiel Polizisten, darf dort nur in Extremfällen in Universitäten zum Einsatz kommen. Das soll jetzt abgeschafft werden.
Die neue konservative Regierung unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis will mit der Abschaffung des Universitätsasyls eines ihrer Wahlversprechen einlösen. Nämlich, wie sie sagt, diese „rechtsfreien Räume“ abzuschaffen. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Parlaments, das darüber am 08. August 2019 abstimmt.
Das Universitätsasyl soll dafür sorgen, dass es in Griechenland Räume gibt, in denen die größtmögliche Freiheit herrscht. Wie wichtig dieses Recht den Griechen ist, hat sich zuletzt am 17. November 1973 gezeigt, als das Universitätsasyl sogar noch verstärkt wurde. Damals wurde ein Studentenaufstand gegen die Militärdiktatur in Griechenland blutig niedergeschlagen. An der brutalen Niederschlagung des Aufstandes waren Polizei, Militär und Paramilitärs beteiligt.
Im Prinzip war das aber auch der Anfang vom Ende der Militärdiktatur, sagt Korrespondent Michael Lehmann. Denn die Menschen hätten sich nochmal darauf besonnen, wie wichtig der Schutz von politisch Verfolgten ist, die frei denken wollen und freie Räume brauchen. Und dieser Gedanke sei in Griechenland lange sehr hoch gehalten worden. Das heißt aber auch: Universitäten sind Rückzugsräume für autonome und gewaltbereite Menschen in Griechenland, die sich so der Polizeigewalt entziehen. Und das ist der Anlass, dieses Recht abzuschaffen.
Angst vor Machtmissbrauch
In Griechenland gibt es immer wieder Demonstrationen, bei denen es zu Ausschreitungen kommt. Dann fliegen Steine oder auch Molotowcocktails. Im Studentenviertel Exarchia in Athen kommt es regelmäßig zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Autonomen, berichtet Michael Lehmann. Versucht die Polizei, diese Akteure festzunehmen, ziehen sie sich aufs Universitätsgelände zurück. Und bislang konnte die Polizei eben nicht auf das Gelände, um Gewalttäter festzunehmen.
Die geplante Abschaffung des Universitätsasyls ist sehr umstritten. Bereits im Vorfeld gab es von verschiedenen Studentenvereinigungen Proteste gegen das Vorhaben. Michael Lehmann befürchtet auch, dass – falls das Parlament der Abschaffung zustimmt – es erneut zu Demonstrationen und Ausschreitungen kommt.
"Die neue konservative Regierung wird gut beraten sein, da sehr vorsichtig vorzugehen, wenn sie tatsächlich jetzt dieses neue Gesetz und die neue Möglichkeit hat, einzuschreiten."
Auf der einen Seite hat Michael Lehmann Verständnis dafür, dass die Regierung sich eine Möglichkeit verschaffen will, auf Gewalttäter Zugriff zu haben. Denn auch er war schon bei Demonstrationen in Griechenland dabei und hat Gewalteskalationen beobachtet. Auf der anderen Seite besteht aber auch die Möglichkeit, diese Macht zu missbrauchen, um alles, was aus Sicht der Regierung falsch ist, auch dann zu verfolgen, wenn kein Gewaltdelikt zugrunde liegt.