Ablenkung in einer KriseImprovisationstheater funktioniert auch virtuell
Improvisationstheater ohne direkten Körperkontakt klingt für viele erst mal schwer realisierbar. Geht aber gerade nicht anders. Eine Kölner Impro-Schule bietet deshalb Online-Kurse an - mit großem Erfolg.
Für Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Suzan Bazarkaya war der erste Online-Kurs der Impro-Schule Clamotta aus Köln etwas gewöhnungsbedürftig. Denn für sie lebt das Improvisationstheater vor allem von dem direkten körperlichen Kontakt mit den Mitspielern. Das ist zurzeit aber - wie in allen Bereichen - keine Option.
Deshalb hat Eva Thiel, die Leiterin der Kölner Impro-Schule, beschlossen, während der Corona-Krise auf Online-Kurse umzuschwenken. Das Angebot wurde schnell sehr gut angenommen. Nicht nur, weil jeder von jedem Ort aus dabei sein kann, sondern auch, weil viele Impro-Übungen besonders in einer Krise helfen können, Probleme mit spielerischem Ansatz zu lösen.
Kreativität überträgt sich virtuell
Auch Suzan Bazarkaya hat schnell gemerkt, dass Improvisationstheater per Video-Konferenz nicht nur Nachteile hat. Die Stimmung vor den Bildschirmen sei deutlich gelöster als bei den ersten Übungen auf einer richtigen Bühne. Technische Patzer sorgten immer wieder für Lacher.
Für Corinna Armbrüster, Coach und Impro-Trainerin, lassen sich viele Elemente des Impro-Spiels auch virtuell gut erleben. Sie bietet deshalb zurzeit "aktive Mittagspausen" an, in denen Firmenmitarbeiter, die alleine im Home-Office sitzen, mit ihren Kolleginnen durch Impro-Übungen in lockeren Kontakt treten können.
Die Grundzüge des Impro-Theaters, also die Idee des Mitspielers aufzufangen und daraus gemeinsam eine Geschichte zu entwickeln, seien für Corinna Armbrüster auch online umsetzbar.
"Man kann ja dennoch die Ideen des anderen aufnehmen und eine Geschichte entwickeln und die Kreativität des anderen spüren und aufnehmen und so etwas gemeinsam erleben, wenn man zusammen vor dem Computer sitzt."
Diese Erfahrung hat auch Anna Lenzke aus Nürnberg gemacht. Selten habe sie seit der Krise wieder so viel gelacht. Für sie bietet der Online-Kurs der Kölner Impro-Schule überhaupt erst die Möglichkeit, auch aus weiterer Entfernung daran teilzunehmen zu können.
"Seit Corona habe ich abends nicht mehr so viel gelacht wie an den Abenden, wo Impro war."
Seitdem sitzt Anna jeden Donnerstagabend vor ihren Computer in Nürnberg und spielt Impro-Theater mit ihren Mitspielerinnen aus Köln.
Impro-Theater als Problemlöser im Krisenalltag
Eine Übung, die das Impro-Team unter der Anleitung von Stefan Thiel in der ersten Stunde spielte, hieß "Mein Problem, mein Ding". Dabei dachten sich Zweierteams unlösbare Probleme aus, wie beispielsweise mitten im Atlantik schiffbrüchig zu werden und den Ozean trotzdem überqueren zu wollen. Die andere Spielerin dachte sich einen Gegenstand aus, der dem Schiffbrüchigen helfen sollte, das unlösbare Problem in den Griff zu bekommen.
Für Impro-Trainerin Corinna Armbrüster sind gerade solche Übungen perfekt, um auch Lösungen für die scheinbar unlösbaren Probleme im Corona-Alltag zu finden. Mit dem spielerischen Ansatz, es einfach mit verrückten Gedankenspielen zu probieren, finde man am Ende vielleicht doch eine Lösung für das zunächst Unlösbare.
"Übertragen auf die Realität funktioniert es dann ähnlich, dass man irgendein Problem hat, von dem man denkt, das geht gar nicht: Monatelang zu Hause sein ist ganz unmöglich. Aber aus dieser Bereitschaft: 'Ich probiere es einfach mal spielerisch!' können sich Zwänge lösen."
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Suzan Bazarkaya hofft darauf, im Herbst wieder mit ihren Kolleginnen auf einer echten Bühne stehen zu dürfen. Für Eva Thiel und ihre Impro-Schule Clamotta steht aber fest, dass sie auch nach der Corona-Krise die Online-Kurse aufrecht erhalten möchte. Sie plant sogar, neue Formate gezielt für das Netz zu entwickeln, Impro-Theater 2.0 sozusagen.