Ablenkung am SteuerHalt die Klappe und fahr!
Unterwegs per Fernsprechanlage telefonieren? Besser nicht - denn das lenkt genauso ab wie das Handy am Ohr, sagen Studien. Wir wollten wissen, was dran ist und haben DRadio-Wissen-Reporter Johannes Döbbelt angerufen. Natürlich im Auto.
Abgelenkte Fahrer verursachen rund zehn Prozent aller Verkehrsunfälle. Zu dem Ergebnis kommen mehrere Unfallstudien. Schuld an der Ablenkung ist oft das Handy. Übrigens auch, wenn wir eine Freisprechanlage verwenden. Wer während der Fahrt mit dem Handy telefoniert, bekommt einen Tunnelblick und...
- verringert seine Reaktionsfähigkeit um 0,5 Sekunden
- erhöht sein Unfallrisiko um das Sechsfache
- erhöht die Gefahr, eine rote Ampel zu missachten, um 15 Prozent.
Am gefährlichsten ist laut einer Studie der Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) das Texten am Handy. Bei Lkw-Fahrern, die Nachrichten tippten, stieg das Unfallrisiko um das 23-fache.
Motorisch überfordert
Die Fahrer sind gleich dreifach abgelenkt: motorisch, visuell und mental. Das stört die meisten Autofahrer bisher offenbar aber nicht. Eine repräsentative Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) aus 2012 zeigt: Nur knapp die Hälfte der Autofahrer lässt das Telefonieren beim Fahren. 30 Prozent nutzen dazu eine Freisprechanlage und 15 Prozent pfeifen sogar auf das Handyverbot und quatschen regulär mit dem Handy am Ohr. Unser Reporter Johannes Döbbelt haben wir mit Headset hinters Steuer gesetzt.
"Es geht einigermaßen mit der Ablenkung. Ich kenne den Weg ganz gut und komme gut durch auf der Straße. Mit dem Headset fühle ich mich ziemlich sicher."
Wirklich sicher sind aber auch die Fernsprecheinrichtungen nicht. Daher sind sie in anderen Ländern gar nicht zugelassen. Dass sie in Deutschland erlaubt sind, dafür gibt es kaum gute Gründe. Selbst wenn man mit dem Headset die Hände frei hat, wiegt das die Nachteile kaum auf. Durch sie wird es sogar wahrscheinlicher, dass wir beim Fahren auch noch an Apps rumspielen.
Verkehrsforscher befürchten, dass unsere intensivere Handynutzung zu noch mehr Unfällen führen wird. Nach Schätzungen spielt schon jetzt die Ablenkung durchs Smartphone bei einem Drittel der Unfälle eine Rolle. Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen sagt: "Von den jährlich 2,4 Millionen Unfällen in Deutschland sind 300.000 auf das Telefonieren mit internetfähigen Handys zurückzuführen."
Neue High-Tech-Ablenkung
Smartphone-Entwickler basteln an Lösungen für die Probleme. So gibt es beispielsweise den "Automodus", bei dem nur reduzierte Funktionen angezeigt werden. Allerdings darf das Handy hier nur in einer Halterung benutzt werden. Ganz neu sind außerdem Head-up-Displays: Sie projizieren mithilfe einer Folie Tacho- und Handyanzeige auf Augenhöhe an die Frontscheibe. Ob das wirklich hilfreich ist, bezweifeln Verkehrsforscher jedoch.
Unser Reporter ist übrigens heil zu Hause angekommen. Auch wenn er sich unter seinem Headset ziemlich konzentrieren musste.