Wird beim Anmischen von Krebsmedikamenten gepanscht, müssen bewusst Kontrollen umgangen werden. Denn eigentlich gilt ein Vieraugenprinzip.
Der Vorwurf gegen den Apotheker aus Bottrop lautet, er soll in mehreren Tausend Fällen Krebsmedikamente gepanscht haben. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, liegt der Verdacht nahe, dass er das bestehende Kontrollsystem umgangen hat. Das heißt: Entweder hatte er Mitwisser oder er muss das Protokoll gefälscht haben, das belegt, dass bei der Produktion der Krebsmedikamente mindestens zwei Personen anwesend waren.
"Es gilt das Vieraugenprinzip: Eine Person stellt her, eine zweite Person ist mit im Raum, die alles protokolliert."
250 Apotheken in Deutschland können Medikamente zur Chemotherapie anmischen. Dafür müssen sie über einen Reinraum verfügen, der sicherstellt, dass die Medikamente mit keinen Verunreinigungen wie Keimen in Kontakt kommen. Wer den Reinraum betreten will, muss sich Schuhüberzieher, einen speziellen Overall, Mundschutz, Handschuhe und Kopfbedeckung anziehen.
Jedes Jahr wird der Reinraum von einem speziellen Ingenieursbüro geprüft, der auch die Infrastruktur bei der Pharmaindustrie kontrolliert. Dazu gehören die Räume an sich, Luftfilter, Personal- und Materialschleusen.
"An der Grenze dessen, was der Mensch verkraften kann"
Dass Krebsmedikamente überhaupt in Apotheken produziert werden, liegt an der Behandlungsmethode Chemotherapie. Mit dem Medikament will man so viele Krebszellen wie möglich abtöten, im besten Fall alle. "Wir gehen damit an die Grenze dessen, was der Mensch verkraften kann", sagt Saskia Hildwein, Apothekerin in Bad Hersfeld.
Da jeder Mensch unterschiedlich ist (Hautoberfläche, Größe, Gewicht), muss für jeden Patienten die Dosierung individuell eingestellt werden. Die Apotheker mischen also eine genau berechnete Menge des Wirkstoffs mit einer bestimmten Menge einer Trägerlösung (zum Beispiel Kochsalz oder Glucose) und machen daraus eine Infusion.