Auf Social Media werden sie zurzeit viel angepriesen: Achtsamkeitstagebücher. Das sind oft schön designte Tagebücher mit Extra-Inhalten. Sie versprechen ein bewussteres und stressfreieres Leben. Bringt das wirklich was? Und wie schafft man es überhaupt, regelmäßig reinzuschreiben?

Achtsamkeitstagebücher sind eine Art Tagebuch mit Impulsfragen - etwa: Was hast du dir für heute vorgenommen? Wofür bist du heute dankbar? Mit welchem Mantra möchtest du heute in den Tag starten? Es sind meistens jeden Tag die gleichen Fragen. Am Ende der Woche oder des Monats gibt es bei manchen Varianten auch noch neue Fragen, um auf die Woche oder den Monat zurück zu blicken.

Ähnlich ist es auch im Tagebuch "5 Minuten zum Glück" von Jördis aus dem Ruhrgebiet. Ihr erster Eintrag ist vom 17. Januar 2024. Damals hat sie Dinge aufgeschrieben, für die sie dankbar ist: ihre Gesundheit, ihren Job und ihre Hilfsbereitschaft.

"Meine erste Dankbarkeit ging an meine Gesundheit, die zweite an meinen guten Job und die dritte an meine Hilfsbereitschaft."
Jördis, schreibt regelmäßig in ein Achtsamkeitstagebuch

An anderen Tagen hat sie auf die Frage geantwortet, dass sie dankbar für einen Spaziergang mit ihrer Schwester ist oder dafür, dass sie mit ihren Neffen und Nichten gekuschelt hat.

Achtsamkeitstagebuch: Fokus auf Positives

Jördis wollte nicht mehr so negativ durchs Leben gehen. Und das Tagebuch hilft dabei, erzählt sie: "Ich denk noch mal so zurück an den Tag - und zwar an das Positive. Das bedeutet auch, dass man auch oft im Positiven einschläft oder auch die positiven Gedanken oder Erinnerungen an den Tag hervorholt."

Tagebuch schreiben – oder Journaling wie es neudeutsch heißt – hat einen positiven Effekt auf unser Wohlbefinden, sagt auch Timo Lorenz, Juniorprofessor im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie.

"Tagebücher sorgen auf jeden Fall für mehr Wohlbefinden, langfristig gesehen auch für mehr Lebenszufriedenheit. Und sie haben Effekte auf zum Beispiel Variablen wie Stress."
Timo Lorenz, Juniorprofessor im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie

Timo Lorenz hat selbst eine Studie dazu mit Studierenden an der Hochschule für Gesundheit und Medizin Berlin durchgeführt. Das Ergebnis: Nach zwei Wochen Journaling reduziert sich bei den Proband*innen der Stress und nach etwa vier Wochen kommen weitere positive Effekte dazu.

Tagebuchschreiben hilft bei der Stressbewältigung

Das bedeutet allerdings auch: Man muss dran bleiben. Manchmal fehlt aber die Zeit, sagt der Psychologe. Oft liegt es daran, dass wir das Schreiben – anders als zum Beispiel Zähneputzen – noch nicht in den Alltag integriert haben.

Manchen von uns steht aber auch der Perfektionismus im Weg, vermutet Timo Lorenz . nach dem Motto:"Wenn ich das mache, dann muss das ja wirklich perfekt sein. Und auch die Sorge, das Tagebuch könnte von anderen gelesen werden, kann abschrecken. Denn:

"Wenn ich etwas aufschreibe, dann wird es irgendwie realer."
Timo Lorenz, Juniorprofessor im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie

Für viele ist die Angst vor den eigenen Gedanken und Gefühlen ein Problem, sagt der Organisations- und Arbeitspsychologe. Nehmt den Stress und Zwang raus, rät er - das hilft, am Ball zu bleiben. Und ihr solltet sanft mit euch sein, wenn ihr einen Tag mal nichts aufgeschrieben hat.

Das ist auch für Basti eine Herausforderung. Er versucht, morgens uns abends jeweils drei Minuten lang in sein Achtsamkeitstagebuch zu schreiben.

"Es ist halt auch einfach besser, wenn man den Tag mit einem Achtsamkeitstagebuch beginnt oder beendet. anstatt zum Beispiel durch Instagram zu scrollen und sich irgendwelche Reels anzuschauen."
Basti, schreibt regelmäßig in ein Achtsamkeitstagebuch

Basti sieht auch die positiven Effekte: "Ich merke, dass es mir besser geht, wenn ich es wirklich täglich, oder zumindest regelmäßig nutze. Und dadurch, dass es wirklich nur sechs Minuten am Tag sind, kann man es eigentlich relativ gut in den Alltag einbauen."

Shownotes
Selbstreflexion
Achtsamkeitstagebücher können gegen Stress helfen
vom 10. Juli 2024
Moderator: 
Christoph Sterz
Autor: 
Benni Bauerdick, Deutschlandfunk-Nova-Reporter