Lachs schmeckt gut. Und natürlich ist es super, wenn uns die Packung Lachs im Supermarkt nur 2,99 Euro kostet. Den Preis für diesen billigen Lachs zahlen allerdings Menschen und Natur in anderen Teilen der Welt. Es geht dabei um Umweltverschmutzung, Jobverlust und viel Antibiotika im Ökosystem.

Endlich können die Fischer wieder richtig arbeiten und einen guten Fang machen. In den vergangenen Wochen waren sie nämlich fast ausschließlich mit Lachsen beschäftigt. Der Grund: Anfang Juli waren 700.000 Lachse aus einer Zuchtfarm in Chile ausgebrochen. Sie nutzten ein Gewitter und flüchteten aus der Anlage. Das Problem: Sie sind vollgestopft mit Antibiotika und bringen damit das Ökosystem in Gefahr. Also mussten die lokalen Fischer ran – und sollen die 700.000 Lachse aus den Gewässern fischen.

Chile ist der zweitgrößte Lachsproduzent der Welt, direkt hinter Norwegen. Es gibt mehr als 1000 Farmen, die jedes Jahr circa  675.000 Tonnen Lachs produzieren. Damit steht der dicke Fisch in der Top 3 der wichtigsten Exportgüter Chiles. Ein Milliardengeschäft, das vor allem internationale Konzerne kontrollieren - und die viele kleine Fischer aus dem Geschäft gedrängt haben.

"Die Fischerei wird immer schwieriger. Wegen der Verschmutzung des Wassers und weil es weniger Fische gibt. Die großen Unternehmen reißen sich alles unter den Nagel."
Raúl Altamirano war früher Fischer und fährt heute Touristen auf seinem Boot

Die einheimische Fischer sind zunächst überhaupt nicht an den Lachsen interessiert, trotzdem bereiten ihnen die Zuchtfische große Probleme. Denn die Lachsindustrie läuft auf Basis der lokalen Fischerei. "Seit drei Jahrzehnten verwendet die Industrie einheimische Fische, um Fischmehl und Fischöl zu produzieren", erklärt der ehemalige Fischer Raúl Altamirano. "Damit werden die Lachse gefüttert. Die gesamte chilenische Fischindustrie funktioniert, um die Lachse zu ernähren."

Zuchtlachs zerstört Meeresboden

Bis zu fünf Tonnen chilenischer Fisch sind nötig, um eine Tonne Zuchtlachs zu produzieren. Die einheimischen Spezies werden zu Fischmehl verarbeitet und an die Lachse verfüttert. So sinken jeden Tag Tonnen von Fischmehl, Fäkalien, Chemikalien und Medikamenten aus den Zuchtkäfigen auf den Meeresgrund. 

Diese Abfälle wirken sich verheerend auf den Meeresboden aus, sie produzieren im Meer Stickstoff und Phosphor und verursachen so Sauerstoffarmut. "So entstehen regelrechte Wüsten auf dem Meeresgrund unter den Zuchtfarmen", erklärt Juan Carlos Cárdenas, Direktor der chilenischen Meeresschutz-NGO Ecoceanos. Hinzu kommt, dass der chilenische Lachs mit 700 mal mehr Antibiotika vollgestopft werden als etwa Lachs aus Norwegen. Greenpeace erklärt, dass der atlantische Zuchtlachs ohne die Medikamente gar nicht in chilenischen Gewässern überleben könnte. 

"Es entstehen regelrechte Wüsten auf dem Meeresgrund unter den Zuchtfarmen."
Juan Carlos Cárdenas von der Umweltschutzorganisation Ecoceanos​​

Für die Umweltschützer sind die ausgebrochenen Lachse eine Plage, zumal die 700.000 Fluchtlachse kein Einzelfall sind, es büxen immer wieder zehntausende Lachse aus. Und die haben Hunger. "Lachse sind Fleischfresser", sagt Estefanía Gonzáles von Greenpeace Chile. "Das führt zu einem Verschwinden der einheimischen Spezies, die die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung sind."

"Die industriellen Lachsprodukte aus Chile sind voll von Antibiotika, zerstören die Umwelt und verletzen die Rechte von Fischergemeinden und indigenen Völkern im Süden Chiles."
Juan Carlos Cárdenas, Ecoceanos​​

98 Prozent des Lachses werden exportiert, nach Japan, China, Brasilien, in die USA und nach Europa. Und das Geschäft läuft fantastisch: In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Nachfrage nach Lachs jedes Jahr um 8 Prozent gestiegen – und bei uns gibt es die Packung Lachs ab 2,99 Euro. Juan Carlos Cárdenas sagt: "Wir rufen die deutschen und europäischen Konsumenten dazu auf, sich zu fragen, wo die Lachsprodukte herkommen, bevor sie sie kaufen."

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Shownotes
Lachsindustrie in Chile
Billiglachs ist ein Umweltkiller
vom 17. September 2018
Moderator: 
Markus Dichmann
Autorin: 
Sophia Boddenberg